Velbert: Mit wenig Gepäck und vielen Träumen in ein neues Leben

Für das Projekt „Velbert – Stadt der 1000 Gesichter“ hat Anna Bossy die Lebensgeschichten von Zuwanderern aufgeschrieben.

Velbert. Ein Aktenskoffer und eine Uhr - das waren die Träume von Mohammed Alidrissi, als er 1965 aus Marokko nach Deutschland kam. Der schwarze Aktenkoffer war für ihn ein Zeichen des Erfolgs, und die Uhr galt ihm als Symbol für die Pünktlichkeit der Deutschen.

Alidrissi hat mit seiner Familie längst auch ohne Aktenkoffer in Velbert seine Heimat gefunden. Anfangs hat er auf dem Bau gearbeitet, dann als Fräser in der Metallindustrie. Zurück nach Marokko möchte er nicht mehr, denn "die ganze Welt hat sich längst angeglichen".

Der heute 63-Jährige ist sichtlich ergriffen, als Schauspielerin Venus Hosseini beim zweiten "Geschichtencafé" im Gemeinschaftsraum der Caritas vor gut 40 Zuhörern seine als eine von drei Lebensgeschichten vorträgt. Die 28-jährige Mülheimerin kann sich in seine Lage versetzen, kam sie doch selbst im Alter von vier Jahren aus Teheran nach Deutschland.

Die Geschichte von Alidrissi und bisher neun weiteren Einwanderern angehört und aufgeschrieben hat Anna Bossy. Im Rahmen des städtischen Projekts "Velbert - Stadt der 1000 Gesichter" wird die Wülfratherin insgesamt 20 Biografien zu einem Buch zusammenfassen, das am 26. November auf dem dritten Integrationsgipfel vorgestellt wird. Es geht darum, den Einwanderern und ihren Schicksalen Gehör zu verschaffen.

Ihre Lebensgeschichten sind teilweise sehr berührend, weshalb die Gespräche auch für die 23-Jährige nicht immer einfach waren. "Aber oft habe ich bei den Menschen eine große Erleichterung gespürt, dass sie überhaupt jemandem von ihrem Leben erzählen können", erinnert sich die Studentin und freie Mitarbeiterin der Westdeutschen Zeitung an die Begegnungen, die stets an den Lieblingsorten der Menschen stattfanden.

Gerne an den Gesprächen teilgenommen hat auch Domenico Mazzei, der mit seinem Restaurant in Velbert-Mitte ein Stück Italien nach Deutschland gebracht hat. Für ihn war es gar nicht so wichtig, selbst erzählen zu können. "Die Erfahrungen der anderen Menschen interessieren mich sehr, das ganze Projekt ist einfach spannend", findet der 57-jährige, zu dessen Mentalität es gehört, neugierig zu sein und Menschen kennenzulernen.

Den Kontakt zu Mazzei, Alidrissi und ihren anderen Gesprächspartner bekam Anna Bossy über Velberts Integrationsbeauftragte Susanne Susok, die mit dem Integrationsgipfel nicht nur eine einzige jährliche Veranstaltung machen wollte. Im Gespräch entstand die Idee des Buches und des "Geschichtencafés" als Teil einer über das Jahr verteilten Reihe zum Thema Migration.

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