Wertstoffhof: Zu gefährlich für die Tonne

Rund 80 000 Mal haben Krefelder 2013 Müll zum Wertstoffhof gebracht. Darunter auch Schadstoffe wie Farben oder Batterien.

Wertstoffhof: Zu gefährlich für die Tonne
Foto: Andreas Bischof

Krefeld. Kai Agethen, Leiter der Schadstoffannahmestelle auf dem Wertstoffhof in Linn, kann sogar durch Müllbeutel schauen. „Moment mal, das gehört da aber nicht rein“, ruft er einem Mann zu, der mit zwei Beuteln in der Hand die Leiter zum Container für den Bauschutt erklimmt. Der dreht sich verdutzt um, schaut erst Agethen an und dann an dem hellblauen Plastik herunter, das er hinter sich herträgt. Tatsächlich zeichnen sich durch die dünne Folie mehrere Farbeimer ab.

Wertstoffhof: Zu gefährlich für die Tonne
Foto: Bischof, Andreas (abi)

Also trägt der Mann den Müll die Tritte wieder hinunter und ein paar Meter weiter zur Schadstoffannahmestelle. Dort stapeln sich die Farbeimer bereits in offenen Rollcontainern, ebenso wie Autobatterien oder Leuchtstoffröhren. Nur in diesem explosionsgeschützten Bereich dürfen die sechs Mitarbeiter des Wertstoffhofes den Sondermüll sortieren und verpacken, damit er weiter auf die Reise — zum Beispiel über ein Zwischenlager in Dormagen zu einer Sonderabfallverbrennungsanlage — gehen kann, erklärt Frank Krahnen, Leiter Abfallwirtschaft, das Prinzip: „Die Gefahr, dass Schadstoffe miteinander reagieren und sich entzünden, ist sonst zu groß.“

Lithium-Batterien werden noch einmal gesondert gelagert. Ganz für sich allein in einem abschließbaren Gefahrgut-Container mitten auf dem Gelände. Denn Lithium-Batterien sind empfindlicher als herkömmliche Batterien. „Wenn sie beschädigt worden sind, können sie sich selbst entzünden“, erklärt Agethen. Darum werden die Batterien, die zum Beispiel Elektrofahrräder in Gang halten, auch noch einmal extra in Kisten in einem speziellen Granulat eingelagert. „Zwischen den einzelnen Batterien muss der Abstand mindestens zweieinhalb Zentimeter betragen. Das messen wir genau mit dem Zollstock aus.“

Entzündet hat sich bei Agethen noch nichts, dabei hat er praktisch schon fast alles gesehen und sicher verpackt: „Nur radioaktives Material — das hatten wir noch nicht“, sagt er — und das ohne die geringste Ironie. Munition aus Bundeswehrbeständen sind ihm und Krahnen dagegen bereits des öfteren untergekommen. „Natürlich bringen die Besitzer das brisante Material nie selbst vorbei“, erklärt Agethen und grinst. Schließlich kennt er seine Pappenheimer. Wer Munition gesammelt hat, ist auf dem Wertstoffhof sowieso schlecht aufgehoben. Zuständig sind in diesem Fall Kampfmittelräumdienst oder Bundeswehr.

Es kann auch vorkommen, dass Agethen oder seine Kollegen die Polizei rufen, wenn sie merken, dass ihnen Gefahrgut untergejubelt werden soll. Das war zum Beispiel der Fall, als Mitarbeiter die Tür eines Kofferraumes öffneten, in den bereits undefinierbare Flüssigkeiten gesuppt waren.

13 330 Krefelder haben im vergangenen Jahr Farben, Batterien und andere Schadstoffe auf dem Wertstoffhof in Linn vorbeigebracht. Insgesamt haben die sechs Mitarbeiter 78 429 Anlieferungen gezählt, schließlich nehmen sie in Linn auch Metallschrott, Bauschutt oder Grünschnitt entgehen. Selbst CDs können in Linn abgegeben werden. Aus ihnen kann Polykarbonat zurückgewonnen werden — ein hochwertiger Werkstoff, der im Anschluss zum Beispiel in der Medizintechnik zum Einsatz kommen kann. Noch besser ist es allerdings, den Müll ganz zu vermeiden. Als der Flachbildschirm auf den Markt gekommen sei, seien die Mitarbeiter des Wertstoffhofes fast mit funktionstüchtigen Fernsehern zugeworfen worden, wissen Krahnen und Agethen zu berichten. „Und wenn ein Discounter Holzschutz im Sonderangebot hat, ist klar, dass die Pötte zwei Monate später bei uns landen.“

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