Neuland-Siedlung: Viele kleine Häuser hinter hohen grünen Hecken

Die Neuland-Siedlung besteht aus lediglich drei verschiedenen Haustypen.

Krefeld. Schmucke Häuschen lugen hinter den hohen Hecken hervor. Obwohl jedes vordergründig anders aussieht, ist unschwer zu erkennen, dass es sich dabei eigentlich doch nur um „Standardmodelle“ handelt.

An den Fassaden in der Neuland-Siedlung kann man die verschiedenen Moden und Angebote der Baumärkte der letzten Jahrzehnte nachvollziehen. Nur ein Haus Am Vaterhaus sieht so aus, als hätte es seit seiner Erbauung vor gut einem halben Jahrhundert keinen frischen Pinselstrich oder gar eine Renovierung mehr abbekommen.

Dadurch wird deutlich, wie es hier Ende der vierziger, Anfang der fünfziger Jahre ausgesehen hat. An diese Zeit kann sich Lieselotte Heckershoff noch gut erinnern. 1948 kam ihr Vater Erich aus der englischen Gefangenschaft in Afrika „ohne Hemd am Hintern“ nach Krefeld.

Er schrieb sich in die Neuland-Baugenossenschaft ein, um für seine Familie ein Zuhause zu schaffen. Die Genossen waren verpflichtet, neben einer Einlage von 300 Mark in die Gemeinschaftskasse dreitausend Arbeitsstunden in den Bau ihres Siedlungshauses zu stecken. Mangels Bargeld investierte der Vater sechstausend Stunden Eigenleistung in das neue Heim.

Zur Auswahl standen für die neuen Siedler drei Haustypen, die sich nur in der Größe unterschieden, da sie jeweils aus Aneinanderreihungen von Einheitshäusern mit den Maßen zehn mal acht Meter bestanden. Es gab Einzel- und Doppelhäuser sowie Vierer-Blöcke. Wer ein Einzelhaus oder eine Doppelhaushälfte haben wollte, musste auch Kleinvieh halten.

Da die Großmutter von Lieselotte Heckershoff keine Tiere haben wollte, beteiligte man sich an einem Reihenhaus im Vierer-Block. Sonst hätte man in zwei Räumen im Erdgeschoss — fast mit in der Wohnung — Federvieh oder kleine Vierbeiner als Mitbewohner gehabt. So blieb nur noch die Auflage der Genossenschaft, unter dem Dach eine kleine Einliegerwohnung anzulegen.

Die Aufteilung der knapp 80 Quadratmeter großen Erdgeschosse war überall gleich. Vom Treppenhaus betrat man einen kleinen Flur, von dem es geradeaus in die Küche ging. Daneben befand sich das Bad. Auf der rechten Seite gab es ein Kinderzimmer, links das Wohnzimmer, durch das man ins Elternschlafzimmer gelangte.

Das Häusle-Bauen war in jener Zeit nicht leicht, denn es gab kaum Baumaterial. „Auf einem Feld haben wir Hohlblocksteine selbst gemacht. Alle sind dann mit der Gießkanne dorthin gegangen, um die Steine zu befeuchten, damit sie nicht zu schnell trocknen und reißen“, erzählt Lieselotte Heckershoff.

Alles, was sich noch irgendwie verwerten ließ, wie Altmetalle und Schrott, wurde gesammelt und zu Geld gemacht oder gleich gegen Baumaterial getauscht.

Wenn auch die Neuland-Siedlung in der Nähe des Stahlwerks entstand, so arbeiteten ihre Bewohner nicht dort. Heckershoff erzählt: „Hier gab es alles quer durch die Berufswelt. Zuerst sollte Vater, ein gelernter Melker, in der Rhenania-Brauerei arbeiten, wo auch mein Großvater arbeitete.

Aber er wollte das nicht und ist dann lieber mit dem Fahrrad nach Linn gefahren, wo er als Werkzeugmacher arbeitete.“ Später hat er sich dann ein Motorrad „zusammengebastelt“, das er immer zwischen der Kellertreppe und einem Rosenspalier abstellte.

Heutzutage ist das Parken in der Neuland-Siedlung, die ihren ursprünglichen Charakter gut bewahrt hat, nicht einfach. Man merkt, dass diese Straßen kaum für Autos geplant wurden. Die grünen „Hecken-Schluchten“ machen es deshalb nicht leicht, einen Parkplatz zu finden.

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