Gewissenhaft, aber schwerfällig

Boreyko und den Berner Symphonikern fehlt die Leichtigkeit.

Düsseldorf. Als Gastdirigent stand der Russe Andrey Boreyko schon drei Mal am Pult der Düsseldorfer Symphoniker, deren Generalmusikdirektor (GMD) er ab der kommenden Saison ist. Jetzt konnte man ihn aber in der Tonhalle noch als Leiter "seines" Berner Symphonie-Orchesters hören, also als einen Dirigenten, dessen Musikauffassung nun besonders klar erkennbar wird.

Zunächst fällt eine autoritäre Unbeirrbarkeit auf. Boreyko lässt nichts einfach laufen, sondern insistiert fortwährend. Mit Argusaugen blickt er auf die Instrumentengruppen, fast etwas gequält und nur sehr bedingt zufrieden. Er wählt gezügelte Tempi und setzt damit auf Ausführlichkeit.

Damit geht freilich kein musikalisch wertvolles Detail verloren, doch wirkt solches Spiel auch nicht gerade elegant. Ja, die Berner wirken in ihrer Grundsolididät gewissenhaft, aber auch etwas schwerfällig. Der Klang besitzt Weichheit und Transparenz, zuweilen sogar Leuchtkraft, doch kaum Leichtigkeit oder Spielwitz.

Auf dem Programm steht nun aber ein elegantes, leichtfüßiges Werk, das Klavierkonzert G-Dur von Maurice Ravel. Boreyko und die Berner musizieren hier technisch weitgehend sauber, wenn auch nicht besonders filigran.

Der russische Pianist Konstantin Lifschitz, der für den kurzfristig erkrankten Fazil Say einsprang, wirkt zunächst so, als richte er sich ganz nach Boreykos Marschrichtung. Anfangs schaut Lifschitz beim Spielen aufmerksam ins Orchester, als sei er nicht Solist, sondern lediglich Begleiter.

Erst im Verlauf emanzipiert er sich und begeistert durch ein fein ziseliertes, glasklares, mitunter kraftvolles Klavierspiel. Von meditativer Innigkeit und wahrhaftiger Vergeistigung ist der lyrisch-melodische Mittelsatz - vielleicht der beglückendste Moment des Abends.

Als Hauptwerk gibt es ein mächtiges Stück russischer Frühmoderne: Prokofjews 5. Symphonie. Boreyko scheint dort ganz in seinem Element. Er setzt vor allem auf starke Steigerungen und effektvolle Höhepunkte.

Prokofjews Fünfte wurde durchaus schon legerer aufgeführt, was dem zum Monumentalen neigenden Opus auch jetzt nicht schlecht getan hätte. Boreykos Dirigat besitzt aber starke Suggestivkraft und vermag durchaus mitzureißen.

Auch "Taranis" des Schweizer Komponisten Fabian Müller - das 2006 durch das Berner Symphonieorchester uraufgeführt wurde und an Richard Strauss’ gewaltige Illustrationsmusik erinnert - klingt der Orchestersatz handwerklich raffiniert. Doch bleibt die musikalische Aussage des 17-minütigen Orchesterstücks blass, die Dramaturgie nur wenig zwingend.

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