Afrika: Sechs Jahre Nairobi und zurück

Wim Dohrenbusch lebte mit seiner Familie sechs Jahre in der kenianischen Hauptstadt. Über diese Zeit hat er ein Buch geschrieben.

Düsseldorf. Wer Wim Dohrenbuschs Haus in Unterbach betritt, wird an der Tür stürmisch von Tosha begrüßt. Die Hündin ist eine echte Afrikanerin und hat Temperament. Sie ist sein wohl schönstes Mitbringsel aus seiner Zeit in Kenia.

Sechs Jahre lebte er als ARD-Hörfunk-Korrespondent mit seiner Familie in Nairobi. Seit letztem Jahr ist er zurück in Düsseldorf. Über sein Leben in Afrika hat er ein Buch geschrieben: "Kenia - Einmal Nairobi und retour."

Die Umstellung von Afrika auf Deutschland fiel dem 56-Jährigen erstaunlich leicht. Schließlich kehrte er mit seiner Frau Bettina und seinen zwei Kindern, Joss (23) und Hanna (20), in eine vertraute Umgebung zurück. "Unser Haus hatten wir während unserem Afrika-Aufenthalt vermietet", sagt Dohrenbusch. Außerdem zog der gesamte Hausrat, der schon 2003 in Containern nach Kenia schipperte, wieder mit nach Unterbach. Allerdings kamen einige Gemälde und Kunstwerke dazu.

Der Garten wird nun von einem großen Büffelkopf aus Eisen bewacht. Im Wohnzimmer hängen farbenfrohe Bilder von afrikanischen Künstlern. Die hat Dohrenbusch nicht in Galerien gekauft, sondern mitten auf der Straße oder in kleinen Dorfhütten auf dem Land. "Einmal sind meine Frau und ich mit dem Auto an Büschen vorbei gefahren - und in diese waren Bilder geklemmt. In Afrika stellen Künstler ihre Werke etwas anders aus als bei uns."

In Afrika ist vieles anders. Halten sich in Deutschland die meisten Verkehrteilnehmer brav an die Vorschriften, sieht das in der kenianischen Hauptstadt Nairobi ganz anders aus. "Eine rote Ampel wird dort eher als freundliche Empfehlung angesehen", sagt Dohrenbusch. Wenn die Kreuzung frei ist, kann man sich getrost in Bewegung setzen. Dennoch ist er in Afrika gerne Auto gefahren. "Zwar läuft alles chaotisch ab, aber es funktioniert." Das gelte nicht nur für den Straßenverkehr, die Lebenseinstellung der Afrikaner sei ganz ähnlich. "Jeder kämpft für seinen Vorteil, regt sich schnell auf, ist aber auch ganz schnell wieder die Freundlichkeit in Person."

Die Entscheidung nach Afrika zu gehen, traf Dohrenbusch gemeinsam mit seiner Familie. Für zwei Teenager ist es schließlich kein Kinderspiel, in Nairobi aufzuwachsen. "Ich wollte auf keinen Fall, dass Joss und Hanna in einen goldenen Käfig gesperrt werden." Sie sollten ein möglichst normales Teenager-Leben führen, sich mit Freunden treffen, ins Kino oder in die Disco gehen. Die Verständigung klappte für beide von Anfang an problemlos, da in Nairobi Englisch gesprochen wird. Der Preis für die Freiheit der Kinder war ein ungutes Gefühl der Eltern. "Man muss versuchen die Angst auszublenden, sonst kann man nicht da unten leben." Die Angst holte Wim Dohrenbusch aber wieder ein. Unbekannte versuchten, seinen Sohn Joss aus einem Taxi zu ziehen. Das sogenannte "Car-Napping" ist in der Region beliebt. Die Insassen werden entführt und sollen beim nächsten Geldautomaten ihr Konto leeren. "Zum Glück hat der Taxifahrer schnell reagiert und Vollgas gegeben."

Fragt man den Autor nach einem schönen Afrika-Erlebnis, das ihm immer in Erinnerung bleiben wird, kommt seine Antwort nicht sofort. Nach einer kurzen Pause, sagt er mit seiner tiefen, sanften Stimme: "Das ist kein bestimmtes Erlebnis, sondern eher eine Person, der Bettler Jackson Kazi." Dem gelähmten Bettler hat er sein letztes Kapitel gewidmet, es heißt "Einmal Nairobi und retour", wie das Buch selbst. "Ich habe Jackson schon 1983 bei meinem ersten Besuch in Nairobi kennengelernt. Er saß damals auf einer Holzkiste vor einem Gemüsegeschäft." Dohrenbusch gab ihm ein paar Schilling und kam mit Jackson ins Gespräch. Und tauschte mit ihm die Handynummer aus. "Das ist so in Kenia, jeder hat ein Handy." Das Austauschen der Nummer ist für Kenianer wie der Tausch einer Visitenkarte. So hielten der Bettler und der ARD-Korrespondent Kontakt.

Inzwischen kennen sich die beiden seit 27 Jahren. Vor seiner Abreise 2009 erfüllte Dohrenbusch seinem alten Freund den größten Wunsch. Er kaufte ihm eine Getreidemühle. Jetzt sitzt Jackson nicht mehr am Straßenrand in Nairobi und bettelt, er ist Müller in seinem Heimatdorf Majengo. Eben einmal Nairobi und retour in sein Heimatdorf. Genau wie bei Wim Dohrenbusch. Aber er wird ganz sicher nach Nairobi zurückkehren und seinen Freund Jackson besuchen.

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