Lesen mit ganz viel Motivation

Beim Lesewettbewerb an der Gesamtschule auf dem Schulberg gaben zehn Kinder ihr Bestes. 150 Mitschüler schauten zu. Dabei steht’s im Land nicht gut um das Lesen.

Dass Lesen nicht cool sein soll, das kann kaum glauben, wer sich unter das Publikum an der Johannes-Löh-Gesamtschule mischt an diesem Donnerstagmittag. Denn als Lehrerin Alina Jordan die zehn Klassensieger aus der Vorrunde des Lesewettbewerbs auf die Bühne bittet, da kommt tosender Applaus, gar Jubel auf. Und als sie dann nacheinander lesen, ist es beinahe mucksmäuschen still, weil alle gebannt zuhören, wenn die Klassenkameraden lesen.

Lesen mit ganz viel Motivation
Foto: Doro Siewert

Und die lesen alle gut, auch wenn sie den Text gar nicht kennen. Nach einer ersten Runde, in der vorbereitete Texte gelesen werden konnten, müssen die Klassensiegener jetzt etwas unbekanntes lesen. Zu hören gab es das Buch „Rocco Randale: Flohzirkus mit Würstchen“.

An der Schule wird Lesen großgeschrieben, erzählt Anne Elsweiler, Fachvorsitzende Deutsch an der Realschule, die den Lesewettbewerb organisiert hat. Es gebe Leseförderung, ein Lesetandem, bei dem Schüler sich gegenseitig unterstützen und korrigieren, und eine Schulbücherei, ebenso wie eine Kooperation mit der Stadtbücherei.

Ob im Alltag noch viel gelesen wird? Elsweiler und ihre Kollegin Alina Jordan verziehen die Gesichter. „Im Alltag immer weniger“, sagt Jordan, „aber das ist sehr gemischt“. So sei es aber auch früher gewesen.

Die jüngste Iglu-Studie attestiert heute aber beinahe jedem fünften Grundschüler gerade einmal rudimentäre Lesefähigkeiten, wenn es auf die weitereführende Schule kommt. Seit 2001 ist der Anteil der Viertklässler mit einer nur geringen Lesefähigkeit von 16,9 Prozent auf 18,9 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen.

Deswegen gebe es ja die Leseförderung, sagt Jordan. Wobei hier, in diesem Raum, sehe sie das Problem nicht. Einerseits sei die „Creme de la creme“ der sechsten Klasse auf der Bühne, andererseits habe sie überwältigende Rückmeldungen bekommen, viele Freiwillige, die mitmachen wollten. Die Motivation sei da.

Die Kinder auf der Bühne lesen gut — und die Zuschauer in der Aula wissen auch, auf was es dabei ankommt, als Alina Jordan nachfragt, was denn gutes Lesen ausmacht: „Flüssig lesen“; „Stimmen wechseln, betonen“, „Pausen machen“, sagen die Sechstklässler.

„Lesen muss nicht immer auf Papier passieren“, sagt Jordan - auch Lesen auf digitalen Geräten sei gleichwertig, räumt sie mit Vorurteilen gegen die neue Technik auf. Und eine Schülerin bestätigt das, als Jordan in die Runde fragt, wer denn zu Hause lese. Die Schülerin sagt, sie lese im Internet Horror- oder Jugendgeschichten, die freie Autoren dort veröffentlichen würden. Das nennt sich Self-publishing oder, wenn es an andere Bücher oder Filme angelehnt ist, Fan Fiction. Ein anderer berichtet, dass er immer mit seinem kleinen Bruder lese, und ihm Dinge erkläre, die der nicht selbst verstünde.

Bei dem Wettbewerb hat Toni Kuball am Ende gewonnen, vor Lena Vitt und Amina Adili. Er ist Schulsieger und darf damit zum Regionalwettbewerb und hat Chancen auf den Landes- und Bundeslesewettbewerb.

Der Lesewettbewerb in Burscheid ist nämlich Teil einer bundesweiten Aktion, die schon zum 59. Mal stattfindet. Rund 600 000 Kinder der 6. Klassen aller Schularten beteiligen sich jedes Jahr an rund 7000 Schulen.

vorlesewettbewerb.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort