Bundesliga Horn patzt — Tiefschlag für Köln

Der 1. FC Köln verliert gegen Stuttgart mit 2:3, hätte aber eigentlich gewinnen müssen. Woher jetzt noch Hoffnung nehmen?

Kölns Torwart Timo Horn fasst sich ins Gesicht.

Kölns Torwart Timo Horn fasst sich ins Gesicht.

Foto: Rolf Vennenbernd

Köln. Am Ende nahm ihn auch noch Mario Gomez beiseite. Jeder, dem Timo Horn irgendwie nahe kam in den Stadionkatakomben, fühlte sich veranlasst, dem FC-Torhüter einen sanften Klaps auf die Schulter zu geben. „Jeder weiß, wie sich so ein Fehler anfühlt. Mario hat mir gesagt, dass es weitergeht und ich schon viele Spiele gewonnen hätte für mein Team“, berichtete Horn vom Treffen mit dem Nationalspieler. Wobei das mit den Siegen im Fall Köln ja durchaus relativ ist: In 25 Spielen ist das nur vier Mal gelungen.

Aber trösten ließ sich der Torwart trotzdem nicht. Sein katastrophaler Fehler beim Stuttgarter Tor zum 1:2 hatte Köln im Rennen um den Klassenerhalt extrem zurückgeworfen — in einer Zeit, in der jeder einzelne Fauxpas bei dem auf den letzten Tabellenplatz festgenagelten Verein in die Kategorie Existenz bedrohend eingeordnet werden muss. „Es wäre nicht so schlimm für mich, wenn wir nicht in dieser beschissenen Situation wären“, sagte Horn folgerichtig.

Drei Meter weiter lobte der Stuttgarter Sportdirektor Michael Reschke den FC in höchsten Tönen: „Wenn sie so spielen wie in den ersten 42 Minuten, dann haben sie immer noch die Chance auf die Relegation. Sie können das schaffen“, sagte Reschke beinahe beschwörend. Der Mann ist geborener Rheinländer.

Der FC hatte 2:3 gegen Stuttgart verloren, hätte aber dieses Spiel tatsächlich nie verlieren dürfen. „Aberwitzig, dass wir zur Pause 1:2 zurückliegen“, sagte FC-Sportdirektor Armin Veh nach dem Spiel, bei dem er erstmalig auf der Bank gesessen hatte — entgegen der Ankündigung bei Amtsantritt, genau das künftig lassen zu wollen. Seine Begründung: „Oben auf der Tribüne zwischen Toni Schumacher und Alex Wehrle“, so Veh lächelnd, „das war nichts für mich.“

Was er von der Trainerbank aus sah, war nach Vehs Aussage weitgehend jener Fußball, der „mir gefällt“. FC-Trainer Stefan Ruthenbeck beschrieb das so: „Es ist nicht selbstverständlich, dass der Tabellenletzte Ballbesitzfußball spielt, wie wir das gemacht haben. Diese Niederlage tut weh, die Mannschaft hat viel rausgehauen. Aber die Art und Weise macht mir Mut“, sagte Ruthenbeck und schien sich selbst zu befehlen, angesichts der noch folgenden neun Spiele nicht zu negativ zu kommentieren. „Wir geben nicht auf und werden auch in Bremen am nächsten Montag eine spielerisch und kämpferisch starke Mannschaft aufbieten.“

Was aber war eigentlich passiert? Köln führte nach sieben Minuten mit 1:0 durch ein Tor von Claudio Pizarro, der überraschend erstmalig in der Startelf stand. Und spielte danach die zuletzt unter dem neuen Trainer Tayfun Korkut so frisch befreiten Gäste an die Wand, störte erfolgreich den Stuttgarter Spielaufbau und spielte sich weitere Chancen heraus: Simon Terodde vergab aber, und ein zweites Tor von Osako verhinderte auch der Videoschiedsrichter, der befahl, dass der spielfreudige Koziello zuvor dem Stuttgarter Torwart Zieler den Ball aus der Hand geschossen hatte.

Die Entwicklung in der Folge war fast aberwitzig: Beide Tore des VfB Stuttgart leiteten die Gastgeber selbst ein: Marco Höger verlor in der Vorwärtsbewegung den Ball, Mario Gomez verwandelte die Gelegenheit reaktionsschnell zum Ausgleich (45.). Beim 2:1 für die Gäste nur wenige Momente später verirrten sich Horns Hände in eine Richtung, die der wieder von Gomez geschossene Ball nie genommen hatte. Horn griff daneben, das Spielgerät trudelte in Zeitlupe über die Linie.

50 000 Zuschauer wurden so Zeuge eines aus Kölner Sicht katastrophalen Verlaufs, weil der Stuttgarter Andreas Beck in der 57. Minute sein erstes Bundesliga-Tor seit langer Zeit erzielte und auf 3:1 erhöhte. Ein Nackenschlag, den Milos Jojic mit seinem sehenswerten Freistoßtor zum 2:3 nur noch abmildern konnte. „Das Tor kam zu spät, wäre es zehn Minuten vorher passiert, hätten wir heute noch Unentschieden gespielt“, sagte Ruthenbeck. Die Chance, den trostlosen letzten Platz das erste Mal nach dem dritten Spieltag verlassen zu können, haben die Kölner zu Gunsten des Hamburger SV liegen gelassen. Acht Punkte Rückstand auf einen Relegationsplatz scheinen nun doch eine zu hohe Bürde.

„Wir sind brutal enttäuscht. Aber noch geben wir nicht auf“, sagte Kölns Marcel Risse, aber es klang weit weniger überzeugt als bei seinem Trainer, der nicht nur um den Ligaerhalt, sondern auch um seine Weiterbeschäftigung kämpft. Aber diese Themen werden in Köln erst behandelt, wenn es in Bremen in einigen Tagen zu einer tatsächlich aussichtslosen Situation kommen sollte. „Wenn wir noch eine Chance haben wollen“, sagte Simon Terodde, „dann müssen wir dort zuschlagen.“

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