Abschiedsfeier: Lob und Ehr für einen Bettelmann

Hans Dieter Kahrl erhält zum Ende seiner Bürgermeisterzeit eine geballte Ladung Zuneigung überreicht.

Burscheid. Puh, wie hält das einer alleine aus? Über zwei Stunden Lobesreden, Verdienstauflistungen, Würdigungen in Wort und Musik. Mal ein bisschen gebrochen durch Ironie und Witz, mal mit der ganzen Schwere der Rührung, wie nur Abschiede sie erzeugen können.

Am Ende steht Hans Dieter Kahrl "sehr bewegt" am Mikrofon: "Wenn nur 50 oder 30 Prozent davon stimmen, muss das toll gewesen sein."

"Das" - damit sind seine gut elf Jahre als Bürgermeister von Burscheid gemeint. Oder eher: als Bettelmann von Burscheid. Sein Wünschelrutengespür für Geldquellen ist mehr als einmal Thema dieses Abschiedsabends im Haus der Kunst.

Als Überraschungsgast und Laudator holt der stellvertretende Bürgermeister Michael Baggeler in seiner letzten Amtshandlung Kahrls Mittippelbruder im Geiste, Jean Schockmel, auf die Bühne. Und der frühere Bürgermeister der luxemburgischen Partnergemeinde Bourscheid folgt in freundschaftlicher Ergebenheit den über 48 Berufsjahren des gebürtigen Solingers, die zum Großteil vom Betteln geprägt gewesen seien - "um liebevoll Sponsoren für kommunale Projekte zu gewinnen".

Am Ende seiner Laudatio findet der merklich ergriffene Schockmel seinen Schalk wieder: als er Kahrl bittet, "dass du in meiner Gegenwart nicht mehr im Restaurant die Brille hochschiebst und die Messer pedantisch nach dem Solinger Stempel absuchst".

Landrat Rolf Menzel spricht von Kahrls Amtszeit als einem "besonders erfolgreichen Kapitel" in der Burscheider Stadtgeschichte. "Das ist ein wenig so, als würde heute ein Stück der Stadt Burscheid verabschiedet." Kahrls in Temperament und Auftreten so gänzlich anders gestricktem Nachfolger Stefan Caplan wünscht Menzel "die Gelassenheit und Ruhe, aber auch Kreativität und Schaffenskraft Ihres Vorgängers."

Aber auch Caplan besteht seine Feuertaufe in der neuen Rolle. Seinem Grußwort ist bei aller Unterschiedlichkeit die Bewunderung für Kahrl anzumerken - und er findet klare, nicht schwülstige Worte dafür: "Du hast die Gabe, das Notwendige zu verbinden mit Integrationskraft. Und du hast die Größe, die Stärken und Schwächen der Mitarbeiter anzuerkennen und sie ihren Weg finden zu lassen."

Spenden für die Burscheider Tafel und das evangelische Kinderheim hatte Kahrl zum Abschied erbeten. Geschenke gibt es dennoch in Hülle und Fülle: ein Bürgerbuch zum Beispiel mit 73 Einträgen von Vereinen, Unternehmen und einfachen Bewohnern dieser Stadt; ein 2005 entstandenes Kahrl-Portrait, Kohlezeichnung der Künstlerin Tanja Lehmann; ein Kunstdruck der Kreisverwaltung - Verbeugung vor dem Kunstliebhaber Kahrl. "Wo Kunst gefördert wird, entsteht und gedeiht sie auch", sagt Lehmann.

Und dann, aus der Hand der Wehrleiter Achim Lütz und Gerhard Appel noch eine Auszeichnung, über die sich zuletzt vor neun Jahren der inzwischen verstorbene Unternehmer Manfred Fietz gefreut hat "wie ein Kind": die Ernennung zum Ehrenbrandmeister (mit zugegeben etwas knapper Mütze).

Dass ihm Waltraud Küpper zum Schluss noch ein paar gekonnt warme Worte auf Platt mit auf den Weg gibt, wird Kahrl genauso gefreut haben wie die musikalische Begleitung durch Academie und OVH. Letzterer erinnert sich mit musikalischer Originalität an die erste Egg-Fahrt mit dem damals neuen Bürgermeister Kahrl und dessen anfängliche Einsamkeit. Er ist es nicht lange geblieben.

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