Trumps Jerusalem-Entscheidung: Mehr politischer Sprengstoff geht kaum
Berlin. Nichts ist vollständig vergleichbar, dennoch: Als Berlin geteilt war, als beide Seiten die Stadt als Hauptstadt beanspruchten, haben die Amerikaner darauf verzichtet, ihre BRD-Botschaft im Westteil anzusiedeln.
Die war in Bonn. Grund war nicht nur der spezielle Viermächtestatus Berlins, sondern auch eine gewisse Weisheit: In Konfrontation würde es keine Lösung der deutschen Frage geben, jedenfalls keine friedliche. Man wirft kein brennendes Streichholz in ein Pulverfass. Diese Erkenntnis scheint in Washington vergessen zu sein. Das größte Pulverfass der Welt ist nach wie vor der Nahe Osten.
Es gibt in Israel eine Regierung Netanjahu, die erkennbar kein Interesse mehr an Verhandlungen hat, sondern den Siedlungsbau auf Palästinensergebiet massiv vorantreibt. Es gibt zunehmende Gewaltbereitschaft unter Palästinensern und eine äußerst schwierige humanitäre Lage in Gaza. Es gibt den IS auf dem Sinai, und eine vom Iran gestärkte Hisbollah im Libanon. Es gibt ein destabilisiertes Ägypten und ein im Bürgerkrieg zerfallenes Syrien. Mehr politischer Sprengstoff geht kaum. Natürlich ist und bleibt Jerusalem Israels Hauptstadt. Das Parlament, die Knesset, und die Regierung sitzen dort. Aber Bekennertum ist noch keine Politik.
Es gibt da eben auch noch die Palästinenser. Die Frage ihrer Staatlichkeit, ihres Territoriums und ihrer Hauptstadt ist nicht gelöst. Indem alle Staaten bisher ihre Botschaften in Tel Aviv haben, zeigen sie, dass sie die Offenheit dieses Themas akzeptieren. Der geplante Umzug der US-Diplomaten wirft den Friedensprozess dramatisch zurück. Nicht nur, dass die USA damit für lange Zeit als Friedensinitiator ausscheiden. Der Beschluss beschwört auch Reaktionen der anderen regionalen Mächte herauf, von der Türkei über Saudi-Arabien bis Russland, die alle nötig sind, um beide Seiten wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.