Meinung Tarifeinigung - Was lange währt, wird gut

Genervte Eltern werden aufatmen. Genauso wie Patienten, Nutzer von Bus und Bahn oder Flugpassagiere. Sie alle bekamen den Tarifkonflikt im Öffentlichen Dienst durch Warnstreiks in Kitas, Kliniken und anderswo zu spüren.

Meinung: Tarifeinigung - Was lange währt, wird gut
Foto: k r o h n f o t o . d e

Nach langem Tauziehen haben sich Gewerkschaften und Arbeitgeber nun auf einen Kompromiss verständigt, sind weitere Arbeitskämpfe abgewendet. Was den Tarifabschluss angeht, so stand von Anfang fest, dass die Lohn-Träume der Gewerkschaften niemals komplett in Erfüllung gehen würden. Fordere viel, sonst erhältst du viel zu wenig — nach diesem Muster funktionieren die meisten Tarifauseinandersetzungen. Zumal in Zeiten, in denen die Wirtschaft floriert und die Steuerquellen kräftig sprudeln.

Die Wünsche waren zweifellos happig. Sechs Prozent plus im Jahr, für untere Gehaltsgruppen sogar zehn Prozent und mehr. Herausgekommen ist auf dieses und nächstes Jahr gerechnet nur etwa die Hälfte davon. Danach gibt’s deutlich weniger. Trotzdem brauchen sich die Arbeitnehmervertreter nicht zu verstecken. Sie haben das Maximum herausgeholt.

Die Wirkungen auf Arbeitgeberseite sind zwiespältig. Der Bund kann den Abschluss noch am leichtesten wegstecken. Seinem Haushalt geht es bestens. Durchwachsen ist das Bild bei den Kommunen, die eben nicht durchweg im Geld schwimmen, sondern zum Teil auf hohen Schuldenbergen sitzen. Manche von ihnen dürften versucht sein, die höheren Personalkosten über Gebührenanhebungen wettzumachen. Andere werden bei öffentlichen Aufgaben den Rotstift ansetzen. Alle Beteiligten haben wegen der langen Laufzeit aber jetzt Planungssicherheit. Das kommt auch klammen Kommunen zugute. Und wahr ist ja auch, dass den Städten und Gemeinden qualifiziertes Personal fehlt. Um dem abzuhelfen, sind attraktive Gehaltsangebote sicher ein entscheidendes Argument.

Dass die Zuwächse in den unteren Gehaltsklassen prozentual zum Teil stärker ausfallen, war auch ein politisches Gebot. Wer den Niedriglohnsektor als Treiber von geringen Renten und Altersarmut beklagt, darf sich hier zumindest in seinem unmittelbaren Verantwortungsbereich nicht angreifbar machen. Das gilt besonders für den zuständigen Innenminister Horst Seehofer. Redet er doch viel von den Interessen der „kleinen Leute“ und davon, die Sicherheit in Deutschland zu stärken. Da hätte es schlecht gepasst, sich zum Beispiel bei der Bundespolizei allzu knausrig zu zeigen.

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