Islamkonferenz: Zwischen Aufbruch und Beharrung

Als im Herbst 2006 die Islamkonferenz erstmals zusammentrat, war er zu spüren, der Zauber des Anfangs. Innenminister Wolfgang Schäuble, entschiedener Christdemokrat und Konservativer, traute sich das, wovor sein sozialdemokratischer Vorgänger, Otto Schily, so viel Bammel hatte: Als erster deutscher Innenminister organisierte er einen staatlichen Dialog mit Vertretern des muslimischen Deutschland.

Das war Neuland. Das war mutig. Inzwischen hat sich grauer Alltag über die Euphorie geschoben.

Manche Teilnehmer sind auf halber Fahrt ausgestiegen, wollten zu viel auf einmal, kamen nicht klar mit der aufgeklärten Gläubigkeit des einen oder der altertümlichen Frömmigkeit des anderen. Die meisten aber haben den Dialog mit Leben gefüllt. Sie haben sich ertragen und besser verstehen gelernt. Schon allein, dass erzkonservative Muslime, die ihr Hiersein mitunter noch immer als territorialen Irrtum empfinden, mit radikalen Islam-Beschimpferinnen auskommen, ist ein bemerkenswerter Fortschritt. Er wird abfärben auf die Gesellschaft. Aber das dauert.

Es könnte schneller gehen. Nur zögerlich akzeptieren manche, dass die Frage, wie viel Islam unsere Demokratie verträgt, nur eine Antwort verdient: Wer für jedermann erkennbar als Muslim in Deutschland leben will, muss sich nicht nur der demokratischen Werteordnung verpflichtet fühlen, sondern auch der Ausein-andersetzung stellen. Andersherum: Wer für den Bau von Moscheen eintritt, aber die nötige Transparenz vermissen und Orte der Abschottung wachsen lässt, darf sich nicht wundern, wenn die nicht-muslimische Umgebung ihm fortgesetzt misstraut.

Die traditionalistischen Verbände in der Islamkonferenz, die stets das große Wort führen, ohne zusammen auch nur zehn Prozent der Muslime in diesem Land vertreten zu können, sind bisher nicht wirklich über ihren Schatten gesprungen. Vielleicht muss es ihnen in der nächsten Islamkonferenz nach der Bundestagswahl jemand vormachen. Gesucht wird eine Selbstorganisation der weltlichen Muslime, die ihr Muslim-Sein als unaufgeregten Teil einer kulturellen Identität versteht, als eine breite Mitte von Gläubigen, die religiös ist - und aufgeklärt. Nicht Muslime in Deutschland, sondern deutsche Muslime. Freiwillige vor!

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