Frau, Mann, Staat – der labile Dreibund

Abschied von der bürgerlichen Ehe? Da ist das neue Scheidungsrecht, das die Kinder und nicht die Ex-Partner schützt. Da ist die Patchwork-Familie, die von der Ausnahme zur Regel wird.

Da ist die zunehmende Zahl von Paaren, die nicht auf Nachwuchs, aber auf den Trauschein verzichten. Und da ist nun das Zugeständnis des Gesetzgebers an die Bürger, ohne vorgeschalteten standesamtlichen Akt kirchlich heiraten zu dürfen.

Niemand sollte den Bedeutungsverlust des staatlich sanktionierten Zweibundes bedauern: Er folgt der Realität einer Welt, die sich zunehmend individualisiert. Die normierende Kraft der Staats-Ehe läuft der Vielfalt von Lebensentwürfen in hochentwickelten Ländern zuwider.

Der Dreibund Frau, Mann, Staat wird zwar auch künftig vielen Paaren ein stabiler gesetzlicher Rahmen sein, in dem sich der Wunsch nach Familie und sozialer Geborgenheit verwirklichen lässt. Doch er wird nur noch eine Variante unter mehreren denkbaren Modellen des Zusammenlebens sein.

Viele Paare empfinden ein gewisses Unbehagen daran, den privatesten Teil ihrer Existenz für immer in einem Geflecht aus Paragraphen zu verankern. Sie möchten nicht, dass sich der Staat in ihre Intimsphäre einnistet.

Und sie glauben mit Blick auf die hunderttausenden Rosenkriege der vergangenen Jahrzehnte nicht mehr daran, dass der Staat tatsächlich Gerechtigkeit herstellt, wenn Beziehungen scheitern.

Geblieben aber ist das Ideal der lebenslangen Liebe und der Wunsch, dieses durch ein symbolisches Treueversprechen zu unterstreichen - zum Beispiel vor dem Traualtar. Doch die Konfessionen befinden sich in einem Dilemma:

Mit der Möglichkeit, ohne folgenschwere Unterschrift im Standesamt vor den Priester zu treten, dürfte es in den Gotteshäusern häufiger als bisher Hollywood-Alarm geben.

Hatte sich etwa die katholische Kirche ein Jahrhundert lang heftig gegen die Vormachtstellung des Staates im Eherecht gewehrt, so fürchtet sie nun, von einer Event-Kultur überrollt zu werden, die nicht religiöser Überzeugung folgt, sondern oberflächlicher Heiratsromantik.

Es zeigt sich: Die Ehe light ist nicht im Sinne der Kirchen - die Traumhochzeit in Weiß ohne staatlichen Segen wird wohl die Ausnahme bleiben.

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