Der Fall Mollath: Alles auf Anfang für die Wahrheit

Der Fall Gustl Mollath wird nun doch neu aufgerollt

Die bundesweite Aufmerksamkeit hat offenbar gewirkt. Gustl Mollath darf die Psychiatrische Klinik verlassen. Er ist frei. Vorerst. Das Verfahren gegen ihn wird neu aufgerollt. Damit kann Mollath zumindest vorübergehend aus seinem seit 2006 währenden Alptraum aufwachen.

Das hat er mit der bayrischen Justiz gemeinsam. Die muss sich seit Monaten von überall her harsche Kritik und Belehrungen gefallen lassen. Das Rechtssystem im Freistaat stand unter Beobachtung, seit Mollaths Anwälte versuchten, ein Wiederaufnahmeverfahren zu eröffnen. Und dennoch dauerte es, bis schließlich das Oberlandesgericht Nürnberg in einem zumindest zweifelhaften Attest aus dem Jahre 2002 Grund genug sah, den Fall auf Anfang zu setzen.

Es ist freilich schon seltsam, dass elf Jahre ins Land gingen, bis es einem Richter zumindest ansatzweise spanisch vorkam, dass der Sohn von Frau Mollaths Hausärztin die vermeintlichen Folgen eines gewaltsamen Übergriffes von Mollath auf seine Ehefrau bestätigt. Aber der politische Druck auf die womöglich eben doch nicht ganz unabhängige Justiz in Bayern ist zuletzt so stark geworden, dass jede andere Entscheidung des Nürnberger Gerichtes zu heftigen Diskussionen geführt hätte.

Wenn selbst die Justizministerin sich dafür einsetzt, dass Mollath auf freien Fuß gesetzt wird, wenn der Ministerpräsident höchstselbst und dessen Herausforderer von der SPD fast unisono sinngemäß von einem guten Tag für das bayrische Rechtssystem sprechen — wie hätte das Echo wohl geklungen, wenn Mollath inhaftiert geblieben wäre?

Nun beginnt das Verfahren von vorn. Es ist längst nicht sicher, dass Gustl Mollath nur das Opfer ist. In jüngster Vergangenheit sind auch Hinweise aufgetaucht, die ein anderes Bild des ehemaligen Autohändlers zeichnen. Aber ob sie stimmen?

Vielleicht kommt diesmal die ganze Wahrheit ans Licht. Vielleicht bringt das neue Verfahren Erkenntnisse darüber, ob es sich beim Fall Mollath schlicht um das Scheitern eines Mannes mit hochfliegenden Träumen handelt oder um ein perfides Komplott. Die bayrische Justiz hat sich gestern nach viel zu langem Hin und Her die Chance eingeräumt, darauf eine verlässliche Antwort zu geben.

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