Das Vorbild Ralf Rangnick

Fußballtrainer tritt wegen Burnout-Syndrom zurück

Der Fußballtrainer Ralf Rangnick bekennt sich zu einem akuten Burnout-Syndrom. Und schon sind die Marktschreier wieder unterwegs, die den Fußball fortwährend als Speerspitze des Sozial-Darwinismus sehen. Als ein Biotop ohne Sensibilität. Wo der Stärkere überlebt und für den Schwächeren kein Platz ist. Ein Reflex wiederholt sich. Aber trifft er auch den Kern?

Jörg Neblung, einst Berater des Fußballtorwarts Robert Enke, der sich vor zwei Jahren an Depressionen leidend selbst getötet hatte, sagte unlängst hinsichtlich der öffentlichen Wahrnehmung solch psychischer Erkrankungen: „Zu sagen, es habe sich seit Roberts Tod ja doch nichts geändert, alles laufe wie zuvor — das stimmt einfach nicht. Das ist populistisch.“

Er hat Recht. Die Zahl der Betroffenen, die sich zu ihrer Krankheit bekennen, ist im Sport gestiegen. Erst vor Tagen offenbarte sich Hannovers Torwart Markus Miller. Zu leiden an dieser neuen Offenheit hatte niemand von ihnen. Im Gegenteil: Den Betroffenen schlug eine Welle der Sympathie entgegen. Auch, weil diese Krankheit längst Teil unserer Hochleistungsgesellschaft geworden ist und sich niemand davon freisprechen kann, selbst bedroht zu sein.

Ob diese Sympathiebekundungen auch eine Rückkehr der Betroffenen in den Sport überdauern, wird sich zeigen müssen. Erst, wenn ihnen nach Heilung volle Leistungsfähigkeit wieder zugetraut wird, kann man von einer beeindruckenden gesellschaftlichen Entwicklung sprechen. Zu hoffen wäre es.

Es ist auch ein gutes Zeichen, dass schon am Donnerstag, am Tag, an dem der erste deutsche Fußballtrainer wegen eines Burnout-Syndroms zurücktrat, schon über einen Nachfolger diskutiert wurde. Rangnick ist krank, Rangnick muss sich ausruhen, kein großes Aufheben, bitte. Das Geschäft geht weiter. Nur wie?

Der Sport verlangt Höchstleistung, daran wird sich nicht rütteln lassen. Wohl aber an dessen Betrachtung. Und an der Art, ihn zu begleiten. Die Sensibilität ist geschaffen, der Weg von Enkes tragischem Tod bis zur mutigen Offenbarung Rangnicks gibt ein Beispiel, was Aufklärung und prominente Vorbilder erreichen können. Und Rangnick ist ein Vorbild.

Seit gestern mehr denn je.

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