Meinung Das Jahr 2018 war ein politisch besonders bewegtes Jahr

Meinung | Berlin · So ein Jahr hat die Republik wohl selten erlebt. 2018 war politisch für viele Akteure in Berlin eine Achterbahnfahrt.

 Hagen Strauß.

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Foto: krohnfoto.de

Erst die zähe Neuauflage der Großen Koalition, dann der monatelange Machtkampf zwischen den Schwestern CDU und CSU um die Migrationspolitik, schließlich der Führungswechsel bei den Christdemokraten und die endgültige Verzwergung der SPD. Und das sind nur einige Begebenheiten, die das Jahr 2018 politisch so sehr geprägt haben.

Exemplarisch für das Auf und Ab in der Berliner Politik stehen zwei Frauen: Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Chefin Andrea Nahles. Beide mussten durch ein Tal der Leiden; Merkel hat für sich den Ausweg gefunden, Nahles hingegen noch nicht. Sie muss 2019 endlich liefern - oder sie wird geliefert sein. Die Kanzlerin hat es gerade noch rechtzeitig geschafft, ihren eigenen Abgang in einigermaßen geordnete Bahnen zu lenken. Mit ihrem Verzicht auf den Parteivorsitz hat sie der Union einen ungeahnten Schub gegeben, denn der alte Kanzlerwahlverein hat die innerparteiliche Demokratie wiederentdeckt. Sozusagen die Schönheit der Debatte. Es ist Merkel anzurechnen, dass sie auch in der Frage ihrer eigenen politischen Zukunft realistisch und unprätentiös gehandelt hat. CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer, in 2018 der koalitionsinterne Hallodri, kann sich davon eine Scheibe abschneiden. Und Annegret Kramp-Karrenbauer, die Siegerin des Dreikampfes um den CDU-Parteivorsitz, wird jetzt beweisen müssen, dass sie wirklich mehr ist als nur ein Merkel-Abziehbild. Jedenfalls wird sie das Ventil, das Merkel mit ihrem Rückzug für die Union geöffnet hat, nicht mehr schließen können.

So sah das innenpolitische Jahr 2018 aus
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Foto: dpa/Christian Charisius

Die Enttäuschung über die mächtigste Frau der SPD muss hingegen groß sein: Weder ist es Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles in 2018 gelungen, die Genossen nach dem hart erstrittenen Eintritt in die GroKo aus dem Umfragetief zu führen, noch konnte sie deutlich machen, wofür ihre Partei eigentlich noch benötigt wird. Außer vielleicht als Mehrheitsbeschaffer für die Union. Selbst sozialdemokratische Erfolge in der Großen Koalition, und die gab es reichlich, konnte Nahles nicht in Stimmung zu Gunsten ihrer Partei umwandeln. Stattdessen hat sie sich unprofessionell in den Strudel der Unions-Keilereien ziehen lassen. Strategisch ist die SPD auch nach einem Jahr GroKo konzeptionslos. Und Besserung ist nicht in Sicht. Dass nun laut darüber nachgedacht wird, künftig den Kanzlerkandidaten per Urwahl bestimmen zu lassen, ist ein erstes Misstrauensvotum gegen Nahles. Schließlich hätte sie als Parteichefin den Zugriff. Ketzerisch kann man freilich fragen, ob die SPD bei 14 Prozent in den Umfragen überhaupt noch mit einem Kanzlerkandidaten ins Rennen gehen sollte. Oder ob der Job nicht vielleicht den derzeit so erfolgreichen Grünen zusteht.

Angela Merkel wird das nicht kümmern. 2018 hat sie das Ende ihrer politischen Ära eingeläutet. Nun muss sie zeigen, ob sie auch den Abgang als Kanzlerin vor der nächsten Bundestagswahl 2021 einigermaßen hinbekommt. Das wiederum wird schwierig genug. So schwierig übrigens wie für Nahles der Verbleib im Amt der SPD-Vorsitzenden.

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