Cro: Dieser Panda will einfach nur spielen

„Easy“ ist einer der Hits des bisherigen Jahres. Sein Urheber, der Stuttgarter Rapper Cro, bleibt aber weiter inkognito hinter einer Maske.

Düsseldorf. Wer eine Maske trägt, hat etwas zu verbergen: Er möchte sich schützen oder in eine fremde Rolle schlüpfen. Doch immer geht es darum, die wahre Identität zu verheimlichen.

So wie bei Cro. Der junge Rapper aus Stuttgart versteckt sein Gesicht hinter einer Pandamaske aus Gummi. Er ist nicht der erste Musiker, der sich verhüllt und das zum Teil seines Auftritts macht: Die amerikanischen Krawallrocker von Slipknot wollen mit schaurigen Gruselmasken schocken. Der Berliner Rapper Sido (alias Paul Würdig) trat jahrelang mit einer verchromten Totenkopfmaske auf, angeblich aus Angst vor „alten Weggefährten“.

Aber sie haben ihre Masken irgendwann abgelegt: Die Mitglieder von Slipknot spielen in vielen Nebenprojekten ohne Mummenschanz, Sido zeigt sich nun mit bravem Scheitel und Brille. Gerade mit ihm wird sich Cro in diesen Tagen vergleichen lassen müssen. Dabei ist vieles bei ihm — zum Glück — ganz anders.

Cro pflegt kein hartes Ghetto-Image, seine Texte bewegen sich nicht zwanghaft unter der Gürtellinie. Es gibt keine aggressiven Songs der Marke „Mein Block“ oder „Fuffies im Club“. Und deshalb hat er wohl auch eine weichere Maske gewählt: ein Panda mit einem umgedrehten Kreuz auf der Stirn und einer Träne am Auge.

Ist Cro also eher Kuschelbär als krasser Reimklopper? Niedlich will er bestimmt nicht wirken, doch es soll freundlicher sein als der Auftritt seines Berliner Kollegen. Aber warum dann ein Bär? Es war eine spontane Idee, ein tieferer Grund stecke nicht dahinter, sagt Cro.

Am Anfang diente das Pandagesicht vor allem dem Selbstschutz. Damals war er noch in der Ausbildung, lernte Mediendesigner und wollte es einfach vermeiden, dass sein Chef mitbekam, was er sonst in seiner Freizeit treibt.

Heute ist die Maske sein Markenzeichen, über den Kerl dahinter besteht ein Mythos. Cro gefällt es, inkognito über die Straße zu laufen und (noch) nicht erkannt zu werden. So berichtet er gern darüber, wie sich bei einem Flug kürzlich seine Sitznachbarn über seine Musik unterhielten und den Song „Easy“ summten. Das Grinsen konnte er sich dabei nicht verkneifen.

Über sein Privatleben ist wenig bekannt: Cro ist 20 Jahre alt und heißt eigentlich Carlo. Er wächst in der Nähe von Stuttgart auf, es ist keine gefährliche, aufregende Jugend. Cro beendet die Schule, macht eine Ausbildung zum Mediengestalter. Zeichnen ist neben Musik seine zweite Leidenschaft: Er arbeitet als Karikaturist bei einer Stuttgarter Tageszeitung und gründet ein kleines Modelabel mit selbstgestalteten Shirts.

Seine Musik nimmt er noch zu Hause auf: bei Mama im Keller. Aber um seine Wäsche kümmere er sich selbst, beteuert er. Die Freude an der Musik kommt von seiner Familie: Von der Mutter lernt er Klavier, der Bruder zeigt ihm, wie man Gitarre spielt. „Von ihm habe ich zumindest so viel erklärt bekommen, dass die Mädchen es am Lagerfeuer total romantisch fanden“, sagt Cro.

Mittlerweile kommen mehr Leute zu seinen Shows als ein paar Mädels am Lagerfeuer: Bei Rock am Ring im Juni standen trotz kaltem Nieselregen nachmittags Tausende vor der Bühne. Sie wollten sehen, wer dieser Typ mit der Maske ist. Viele kannten seine Musik schon, obwohl das Album noch gar nicht erschienen war. Bis vor wenigen Monaten gab es seine Songs umsonst im Netz, vor allem Mixtapes und Videos, damals noch unter dem Pseudonym „Lyr1c“.

Jetzt muss man seine Lieder kaufen, denn Cro hat einen Plattenvertrag. Den bekam er via Twitter: Der deutsche Rapper KAAS („Die Orsons“) wurde im Internet auf ihn aufmerksam. Über das soziale Netzwerk startete er eine Suchaktion nach dem Phantom Cro, ihm wurde ein Kontakt gezwitschert, und wenig später saß der Panda bei ihm im Studio.

Die Arbeit zum Debütalbum, das jetzt erscheint, begann. Es heißt „RAOP“ — so wie seine Musik. Es ist ein neuer Stil: Eine Mischung aus Rap und buntem Pop. Die Musik klingt frisch, es gefällt: Der Panda greift an.

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