Museum Abteiberg: Im legendären Stil

Das Museum Abteiberg in Mönchengladbach wird am Sonntag nach seiner Sanierung festlich wiedereröffnet. Das Publikum ist zu einem ganztägigen Fest mit zahlreichen Präsentationen eingeladen.

Mönchengladbach. Und wieder rückt das Museum am Hang des Mönchengladbacher Abteibergs in den Blickpunkt. Sorgte es bei seiner Eröffnung 1982 für den erbittertsten Streit um die wahre Museumsarchitektur seit Jahrzehnten, dürfte es jetzt seine Liebhaber aufs Neue entzücken. Seinerzeit warfen die Kritiker dem damals noch fast unbekannten Architekten Hans Hollein aus Wien vor, die Kunst bei seinem Debütbau zu vernachlässigen zugunsten einer eitel auftrumpfenden Raumkunst.

Doch Hollein wurde für sein revolutionäres Bauwerk mit dem renommiertesten Architekturpreis der Welt, dem amerikanischen Pritzker-Preis, ausgezeichnet. Und er wurde zum Begründer postmoderner Museumsbaukunst. Auch weil er, als Neuling, seinerzeit am preisgünstigsten war. Und das war wichtig in Mönchengladbach.

Nun hatte man ja eigentlich ein Museum an der Bismarckstraße, in einer vornehmen Gründerzeitvilla, doch das drohte längst aus allen Nähten zu platzen. Man besaß ja nicht nur mit der Walter Kaesbach-Sammlung eine Kollektion feiner Expressionisten und Impressionisten. Cladders, der 1967 mit der ersten Museumsausstellung für Joseph Beuys zugleich Kunstgeschichte schrieb, wollte zeitgenössische Kunst sammeln. Und dafür besaß er wie kaum ein anderer deutscher Museumsmann das Händchen und die Nase.

Nun wird nach kluger Sanierung und dank, wie Museumsdirektorin Susanne Titz sagt, perfekten Gebäude-Managements pünktlich das Haus wieder eröffnet. Und nach einem ersten Durchgang ist man geneigt zu rufen: Schöner, genussvoller und auch spektakulärer denn je! Und: In dieser Form hat das Museum, obwohl erst 25 Jahre alt, nahezu die Aura eines Klassikers.

Denn Susanne Titz hat die Chance genutzt. Man gerät ins Staunen, wie vieles hier so früh schon gesammelt wurde. Die verbesserten Lichtquellen - 15 Kilometer Kabel wurden neu verlegt - werden gezielter eingesetzt. Die klassische Moderne ist in einem großen Raum vereint. Neu erstrahlt das architektonische Credo von Hollein und Cladders, die der Diktatur einer linear ablaufenden Kunstgeschichte mit diesem Haus den Kampf angesagt hatten: "Korrespondenzen statt Chronologie" war und ist das Motto, die Sanierung kein Neu-, sondern ein getreulicher Rückbau.

Zweifellos, bis hin zur Toilette mit dem Pseudomarmor besitzt das Haus wieder jenen Stil, der es legendär machte, mit seinen lichten Aus- und Durchblicken, den fast sakralen Arrangements - etwa das Raumrondell "Raum mit Punkten" von Richard Wright unter der Glaskuppel -, die dann keck von Martin Kippenbergers Vitrine "Eiermann" konterkariert werden. Gregor Schneider nimmt einen Raum in Beschlag mit einer akribisch minimalistischen Hängung von Detailfotografien seines Hauses Ur.

Und vieles widmet sich hier den Archiven der Erinnerung, dem Menschheitsgedächtnis, die monströsen Keksdosen-Vorräte von Boltanski. Dazu gehört, wenn auch nicht unmittelbar sich so erschließend, ein neu erworbenes Werk von Fiona Banner. Das Riesenformat hängt neben der Cafeteria. Es ist die Mitschrift eines Pornofilms, in billigstem Siebdruckverfahren in Bonbonpink auf billigem Makulaturpapier. Das Werk führt einerseits die Tradition der Pop Art mit ihren Sprechblasen und andererseits, aus der Ferne, den Minimalismus fort.

Vieles wirkt wie alte Bekannte, die aus der Kur kommen: Baumgarten, die Konstruktivisten der Sammlung Etzold, Broodthaers’ wundersame "Théorie des figures", Fontanas weltberühmtes "Concetto Spaziale", Rebecca Horns tintenschwarzes Wasserbad. Oder die Riesenformate von Polke, die in Venedig waren.

12 Uhr Präsentation des Hauses durch den Oberbürgermeister und Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Kulturstaatssekretär 13 Uhr Vorstellung des neuen Bestandskataloges "Kunst der Gegenwart 1960-2007" von Oberkustodin Hannelore Kersting 14 Uhr die künstlerin Karin Sander demonstriert ihre Audiotour zu nicht anwesenden "Gastwerken" der neuen Sammlungspräsentation 16 Uhr "Flugzeugträger und Reisterrassen": Gespräch zwischen Johannes Cladders, Hans Hollein und museumsdirektorin Susanne Titz 17 Uhr Präsentation des Films "Was dort war, ist nicht hier, eben": Anthony Hudek, Ella Klaschka (Moca Maas), Ilka & Andreas Ruby sowie Jan und Tim Edler (realities:united) im Gespräch mit Susanne Titz bis 24 Uhr Offenes Haus/Disco Feierabendführungen 6.-9. November di-fr ab 17 Uhr, Eintritt frei

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