Feuerprobe ohne Feuerwerk: Kusejs Premiere

München (dpa) - Es hat sich was getan am Residenztheater in München, das ist nicht zu übersehen. Die Kassen sind verlegt worden und neuerdings gibt es sogar eine Bar und in der Pause Prosecco, Sprizz und Häppchen.

Alles - vom Teppich im Eingang bis hin zum neuen Intendanten - präsentiert sich in den neuen Farben der corporate identity: schwarz und rot. „Das passt auch viel besser zu den Sitzen“, sagt eine Zuschauerin.

Einzig auf der Bühne scheint der ganz große Umbruch noch ein wenig auf sich warten zu lassen. Bei der ersten Premiere als Intendant des Bayerischen Staatsschauspiels am Donnerstagabend gibt sich der als Theaterprovokateur geltende Österreicher Martin Kusej (50) betont klassisch und als Regisseur betont zurückhaltend.

Kusej inszeniert die Tragikomödie „Das weite Land“ seines Landsmannes Arthur Schnitzler ohne viel Tragik und ohne viel Komödie - dafür aber mit den auch aus Film und Fernsehen bekannten Schauspielern Juliane Köhler („Aimée und Jaguar“, „Der Untergang“), Tobias Moretti („Kommissar Rex“) und Eva Mattes („Tatort“).

Ein dramaturgisches Feuerwerk ist es nicht, das er da abfeuert. Kusej lässt Schnitzlers Stück weitgehend für sich sprechen - und seinen Schauspielern sehr viel Raum, den sie allerdings nicht immer wirklich zu nutzen wissen. Moretti spielt den Fabrikanten Friedrich Hofreiter, der mit Treue selbst nichts anfangen, mit der Untreue seiner Frau Genia (Köhler) aber auch nicht umgehen kann, mit gleichbleibender ironischer Distanz. Die macht es ihm kaum möglich, die Facetten seiner Rolle aufzudecken.

Köhler schießt dagegen als hölzern wirkende, frustrierte Ehefrau bei ihren regelmäßig eingestreuten Gefühlsausbrüchen das ein oder andere Mal übers Ziel hinaus. Unterstützt wird das Ganze von regelmäßig wechselnden und wiederkehrenden Bühnenbildern (Martin Zehetgruber), die wahlweise eine Regen- oder Felswand oder einen Lianen-Urwald zeigen.

Nach mehr als drei Stunden machen freundlicher und langanhaltender Applaus des Münchner Publikums aus einer Premiere ohne Feuerwerk doch eine gelungene Feuerprobe. Für den sichtlich erleichterten neuen Chef im schwarzen Anzug mit roter Krawatte gibt es ein Küsschen von Hauptdarstellerin Köhler. Kusej genießt den Applaus sichtlich, facht ihn immer wieder an.

Kurz vor der Premiere hatte der Österreicher gesagt: „Ich habe den Druck von mir genommen, jetzt unbedingt wahnsinnig originell sein zu müssen. Das habe ich schon hundertmal bewiesen, jetzt will ich ganz in Ruhe und auch ganz altmodisch ein psychologisches Stück mit einer Geschichte erzählen. Man muss nicht immer alles dekonstruieren.“

Weniger klassisch dürfte es allerdings bei den kommenden Premieren in Kusejs neuem Haus zugehen. Für Freitagabend stand „Halali“ auf dem Spielplan - die Uraufführung eines Stückes über den bayerischen Übervater Franz Josef Strauß. Nach der Premiere von „Zur Mittagsstunde“ an diesem Samstag will sich Kusejs komplettes neues Ensemble - nach Angaben des Intendanten ist es das größte an einem deutschen Theater - in einem neuen Stück über den Ausbruch des isländischen Vulkans vorstellen. Der Titel der Uraufführung im Marstall: „Eyjafjallajökull-Tam-Tam“.

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