Büchner-Preis für Friedrich Christian Delius

Darmstadt (dpa) - Der Schriftsteller Friedrich Christian Delius hat den 60. Georg-Büchner-Preis verliehen bekommen. Dieser ist mit 50 000 Euro dotiert und gilt als wichtigste literarische Auszeichnung in Deutschland.

„Alleinsein, Einsamkeit, Abstandhalten, Meinungsvorsicht, Zweifel, Freude am Fragen, Schweigen, das sind die ersten Voraussetzungen, um zu schreiben“, sagte der 68 Jahre alte Delius am Samstag in seiner Dankesrede. Zu der Feier der Akademie für Sprache und Dichtung waren annähernd 1000 Gäste in das Staatstheater Darmstadt gekommen.

Bundestagspräsident Norbert Lammert lobte in einem schriftlichen Glückwunsch die Literatur des Autors: „Sie belohnt uns mit genauen Einblicken und nachdenklichen Ausblicken eines aufgeklärten Skeptikers.“ Er wünschte Delius weiterhin „schöpferische Unabhängigkeit und hinreichend Immunität gegen den Zeitgeist“. Delius schrieb in über 40 Jahren zahlreiche Werke. Sie führen durch die Vorgeschichte der NS-Zeit und über die Teilung Deutschlands bis in die Gegenwart.

Der scheidende Präsident der Akademie, Klaus Reichert (73), verlas bei der Vergabe, Delius sei ein „kritischer, findiger und erfinderischer Beobachter, der in seinen Romanen und Erzählungen die historischen Tiefendimensionen unserer Gegenwart auslotet“. Die in Stuttgart geborene Autorin Sibylle Lewitscharoff lobte in ihrer Laudatio: „Wir ehren hier einen integren Mann und einen Schriftsteller, der mehr als nur ein heißes Eisen angefasst hat und dabei kühlen, will heißen: klugen Kopf bewahrt hat.“ Die Verleihung des Büchner-Preises ist der Höhepunkt der Akademie-Herbsttagung.

Der Preisträger, verkürzt FC Delius genannt, wurde am 13. Februar 1943 in Rom geboren, wuchs aber in Hessen auf und lebt heute in Rom und Berlin. In „Ein Held der inneren Sicherheit“ (1981) beleuchtete er den „Deutschen Herbst“ im RAF-Terror-Jahr 1977. In der Erzählung „Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde“ (1994) beschrieb Delius den Mythos des deutschen Sieges bei der legendären Fußball-WM von 1954.

In seiner Rede ging Delius auch auf Aktuelles ein. Applaus erhielt er für die Äußerung: „Wo schwanken die Fundamente denn nicht? So viel emotionaler, rechthaberischer Aufwand für Bahnhöfe, aber wenn es um die Abschaffung der Demokratie geht vor unserer Haustür in Ungarn und in Italien, warum herrscht dann das große Gähnen?“

Im vergangenen Jahr bekam der Schriftsteller Reinhard Jirgl den Büchner-Preis. Der 58-Jährige ist für experimentelle Sprachkunst bekannt. Er war auch bei der Verleihung an Delius anwesend. Unter den Preisträgern vergangener Jahre sind außerdem neben anderen Friedrich Dürrenmatt, Heinrich Böll und Erich Kästner sowie Günter Grass, Elfriede Jelinek, Oskar Pastior und Walter Kappacher.

Bei der Feier ging es auch um zwei andere, jeweils mit 12 500 Euro dotierte Preise. Der Historiker Arnold Esch nahm den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa in Empfang, der Schriftsteller Günter de Bruyn konnte wegen einer Erkrankung nicht kommen. Ihm war der Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay zuerkannt worden.

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