Wirtschaft Mit drei Punkten will Altmaier wieder in die Offensive kommen

Berlin · Keine neuen Belastungen für die Wirtschaft, mehr Anreize und eine Unternehmenssteuerreform sollen die Konjunktur anschieben.

 Ein „Weckruf“: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (links) und Philipp Steinberg, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik im Wirtschaftsministerium vor der Vorstellung der Frühjahrsprojektion in Berlin.

Ein „Weckruf“: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (links) und Philipp Steinberg, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik im Wirtschaftsministerium vor der Vorstellung der Frühjahrsprojektion in Berlin.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Die Wirtschaft ist unzufrieden mit Peter Altmaier.  Gestern musste der Wirtschaftsminister auch noch die offizielle Wachstumsprognose der Bundesregierung nach unten korrigieren – zum dritten Mal in Folge. Zugleich kündigte der CDU-Politiker  Entlastungen für Unternehmen an. Doch sein Plan blieb vage.

Angesichts der aktuellen Konjunkturschwäche erwartet Altmaier für das laufende Jahr beim Bruttoinlandsprodukt nur noch ein mageres Plus von 0,5 Prozent.  Zur Erinnerung: Im Januar hatte die Bundesregierung den Zuwachs noch auf 1,0 Prozent taxiert. Und noch im vergangenen Herbst waren für 2019 sogar 1,8 Prozent mehr veranschlagt worden. Eine rasante Talfahrt. Die wirtschaftliche Entwicklung habe sich seit Mitte 2018 abgekühlt, erklärte Altmaier zur Begründung. Diese Abkühlung  sei noch nicht überwunden. Allerdings, so der Minister optimistisch, gebe es die Aussicht auf eine „deutliche Erholung“. So soll die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr bereits wieder um 1,5 Prozent zulegen.

Eine Stütze dafür ist zweifellos der private Konsum. Auch die Bauwirtschaft boomt. Schwieriger wird es bei den globalen Kennziffern: Eine harter Brexit zum Beispiel ist nach wie vor möglich. Deutschland wäre hier besonders negativ betroffen. Auf dem Spiel stehen immerhin 82 Milliarden Euro pro Jahr. So viele Einnahmen bringen die deutschen Ausfuhren nach Großbritannien.  Hinzu kommen der ungewisse Ausgang des Handelsstreits  zwischen der EU und den USA, die großen wirtschaftlichen Probleme Italiens und die Umbrüche in der stark exportorientierten deutschen Autoindustrie.

Altmaier sprach dann auch von einem „Weckruf“, um die Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen zu verbessern. Dort wirft man dem Minister schon länger Untätigkeit vor. Der Verband der Familienunternehmen beklagte jüngst sogar, dass  „Wirtschaftskompetenz als Markenkern der CDU“ in der Bundesregierung „mit keinen Gesicht  mehr verbunden“ sei. Eine bittere Kritik, die auch in der Unionsfraktion von manchen geteilt wird.

Altmaier gab sich am Mittwoch entspannt. Kritik sei normal, er komme im Vergleich zu Kabinettskollegen eher gut weg, sagte der Minister. „Ich fühle mich insgesamt von der Wirtschaft unterstützt.“ Dennoch versuchte er, mit einem Drei-Punkte-Plan wieder in die Offensive zu kommen. Zum einen plädierte Altmaier für ein Belastungsmoratorium. Für Unternehmen nachteilige Maßnahmen sollten erst dann in Kraft treten, wenn die Wirtschaft „wieder einen klaren Wachstumspfad erreicht“ habe.

Zum anderen  regte er „strukturelle Entlastungen und Anreize bei Steuern, Abgaben und Bürokratie“ an.  Und zum Dritten machte sich Altmaier mit Blick auf entsprechende Neuregelungen in anderen Industriestaaten für eine umfassende Unternehmenssteuerreform  stark. Was das alles konkret bedeutet, ließ der Saarländer   jedoch im Dunkeln. Das müsse noch in der Regierung besprochen werden, meinte er auf Nachfrage.

Finanzminister Scholz warnt vor einem Steuerwettlauf

Sein Kabinettskollege, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), hat  allerdings schon vor einem internationalen Steuerwettlauf gewarnt und sich deshalb auch und gegen steuerliche Entlastungen für deutsche Betriebe ausgesprochen.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass es immer schwieriger wird, nennenswerte Entlastungen im Bundeshaushalt zu stemmen, ohne dafür die „schwarze Null“ preiszugeben. An einem ausgeglichen Etat wollen aber weder Union noch SPD rütteln. Der  CDU-Haushaltsexperte Eckardt Rehberg  prophezeite gestern, dass die nächste  Steuerschätzung im Mai im Vergleich zur vorangegangenen Vorhersage „erhebliche Mindereinnahmen in der Größenordnung eines niedrigen zweistelligen jährlichen Milliardenbetrags“ aufzeigen werde. Das schränkt auch den wirtschaftspolitischen Spielraum für Altmaier erheblich ein.

Grünen-Fraktionsvize Anja Hajduk warf Altmaier vor, in Zeiten hoher Staatseinnahmen zu lange abgewartet zu haben. Jetzt müsse sich die Regierung „angesichts knapperer Kassen auf Prioritäten einigen“, was schwierig werden dürfte. Ein „belastbares Investitionskonzept“ forderte das Wirtschaftsforum der SPD, unter anderem mit Blick auf Künstliche Intelligenz und die Mobilitätswende. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) drängte auf „Investitionsanreize für Klimaschutz“ und eine „echte Steuerreform“. Gegen „Panikmache“ wandte sich indes trotz der niedrigeren Wachstumserwartung der Präsident des DIW-Wirtschaftsinstituts, Marcel Fratzscher.

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