Jan Ullrich: Zeit für Urteil und Klartext

Sportgerichtshof entscheidet am Donnerstag über das Dopingverfahren.

Bielefeld. Beim Imbiss in der Caféteria ist Jan Ullrich wieder entspannt. Er scherzt, in seinen Augen blitzt der Schalk auf, als er Anekdoten aus vergangenen, ruhmreichen Tagen bei der Tour de France erzählt. Er wirkt jetzt befreit. Ein eineinhalbstündiger Presse-Marathon bei einem Sponsorentermin in Bielefeld liegt hinter ihm. Für Ullrich eine Tortur. Eine kleine, verglichen mit den vergangenen fast sechs Jahren, seit er vom Team T-Mobile suspendiert wurde. Für diesen Donnerstag hat der Internationale Sportgerichtshof Cas sein Urteil in der Sache Ullrich angekündigt. Es entscheidet sich: Wird das Dopingverfahren gegen den Radstar erneut aufgerollt?

Hier in Bielefeld, wo er ein Jedermann-Rennen bewirbt, wird er auf seine Vergangenheit reduziert. Auf das im Stundenrhythmus näher rückende Urteil. „Ich bin froh, dass es jetzt endlich kommt. Ich warte seit sechs Jahren darauf. In dieser Zeit habe ich viel gelitten, bis hin zum Burnout. Mit dem Urteil wird dieser Teil abgeschlossen sein, und ich kann in die Zukunft blicken.“ Der Tag der Entscheidung sei „ein Glückstag für mich“, sagt Ullrich. Er ist unsicher wie der Ullrich, der schon zwischen 1996 und 2006 lieber Taten auf den Rennstrecken der Welt für sich sprechen ließ. Seine Blicke wandern hin und her, er sucht Halt.

Eine Vergangenheit, die Ullrich am liebsten lange abgeschlossen hätte. Nach seinem Triumph bei der Tour 1997 ging es abwärts. Die Indizien, dass er schon damals nicht ganz sauber über die Berge ritt, wiegen schwer. Eine Autofahrt unter Alkoholeinfluss 2002 folgte, kurz darauf wurde Ullrich der Einnahme von Amphetaminen — Doping — überführt. Er kam 2003 gestärkt zurück und wurde Zweiter der Tour. Bis 2006 im Labor des Dopingarztes Dr. Eufemiano Fuentes Blutbeutel entdeckt wurden, die inzwischen zweifelsfrei Ullrich zugeordnet sind. Einen Tag vor der Tour 2006 suspendierte ihn sein Team T-Mobile. Es war das endgültige Aus.

„Natürlich habe ich Fehler gemacht, jeder Mensch macht Fehler“, sagt Ullrich heute. Es klingt wie einstudiert. Ein Doping-Geständnis hat es bislang nicht gegeben. Immer nur: „Ich habe niemanden betrogen.“ Warum er bislang schwieg, „kann ich dann morgen oder übermorgen erklären“, sagt er jetzt. „Das habe ich vorbereitet, und das wird dann auch verständlich.“

Zum zwei Tage alten Cas-Urteil gegen den Spanier Alberto Contador sagt Ullrich: „Das ist ein hartes Urteil, damit habe ich nicht gerechnet. Ich wünsche Alberto viel Kraft, dass er im August stark zurückkommt.“ Er selbst wolle Menschen für den Radsport begeistern. „Ich habe gespürt, dass die Menschen mir meine Fehler verzeihen und ich Botschafter sein kann.“ Jetzt muss er seine Fehler nur noch benennen.

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