Warum es Spaß macht übers Meer zu schippern

Nachdem ich die Ostküste Australiens hochgereist bin, nach Bangkok, quer durch Myanmar und zur Insel Koh Phi Phi in Thailand fühlt es sich schon seltsam an, hier in Okinawa mal wieder für einen Monat an einem Ort zu bleiben.

Warum es Spaß macht übers Meer zu schippern
Foto: Juliane Kinast

Also versuche ich, zwischen meinen Karateübungen so viel wie möglich Touristin zu sein. Ich liege am Stadtstrand von Naha City - der zugegebenermaßen nicht annähernd mit Koh Phi Phi mithalten kann - und lese, besichtige das Schloss Shurijo-Castle und den Königlichen Garten. Aber trotzdem bekomme ich schnell Beklemmungen und das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Ein bisschen wie vor ein paar Monaten in Melbourne, als ich für meine Reisekasse kellnern musste.

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Foto: Juliane Kinast

Also laufe ich an meinem ersten karatefreien Sonntag morgens zum Busbahnhof in Naha und kaufe mir ein Tagesticket für die Busse über die Insel. Einfach rausfahren, das klingt so entspannend. Das Problem ist nur, dass in Japan einfach nichts auf Englisch läuft. Das habe ich schon in meinem kleinen Guesthouse festgestellt, wo außer mir ausschließlich Japaner residieren, die zwar wahnsinnig freundlich sind und auf Biegen und Brechen versuchen, mit mir zu kommunizieren - aber da sie über ein "Hallo" kaum hinauskommen und ich nicht über ein "Aregato" (Dankeschön), ersticken unsere Versuche immer recht schnell in ratlosem Schweigen.

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Foto: Juliane Kinast

Ähnliche Probleme habe ich im Supermarkt, wo ich auf keiner einzigen Verpackung die Zutaten lesen kann - es hat mich an meinem ersten Tag eine halbe Stunde gekostet, Salz zu kaufen. Und natürlich sind auch in den Bussen die Ansagen nur auf Japanisch, die Anzeigen auf der Infotafel in Kanji, den japanischen Schriftzeichen. Wenigstens die Ziffern kann ich lesen und lande so schon mal im richtigen Bus.

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Foto: Juliane Kinast

Entspannt zurücklegen ist also nicht möglich. Angestrengt starre ich aus dem Fenster und scanne die Umgebung nach Anzeichen, ob ich mich dem ersten Ziel nähere - und bin maßlos erleichtert, als auf einem Straßenschild auf Englisch "Cape Manzamo" zu lesen ist. Hastig drücke ich den Knopf für den Haltewunsch, um meinen Ausstieg nicht zu verpassen. Und dann ist es ganz einfach: den asiatischen Reisebussen nach zum Parkplatz am Kap und über fein angelegte Schotterwege die malerische Steilküste entlang.

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Foto: Juliane Kinast

Danach bin ich eigentlich schon bedient, was die okinawanischen Busse angeht, aber ich fahre tapfer weiter zum Bankoku Shinryokan Resort, wo 2000 der G8-Gipfel stattfand, ich von der Terrasse des Cafés aus bei einem Orion-Bier die Aussicht aufs Meer genießen und die bunten Fische der Emerald Sea aus den Fenstern eines Unterwasserturms beobachten kann. Als ich den richtigen Bus wiederfinde und abends in Naha ankomme, bin ich sehr zufrieden mit meiner Touri-Leistung.

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Foto: Juliane Kinast

Noch mehr allerdings am Sonntag darauf. Für ein paar Stunden fahre ich mit einer Fähre nach Tokashiki Island, eine der zahllosen kleinen Inseln vor der Küste Okinawas. Dort fahre ich zusammen mit allen anderen Tagesausflüglern mit einem Bus an den Hauptstrand - den Aharen Beach. Aber während offenbar alle außer mir dort ihre Handtücher und biergefüllten Kühlboxen auspacken, um bis zur Rückfahrt zu bleiben, laufe ich los. Endlich mal wieder Natur erkunden zu Fuß. Das habe ich gebraucht.

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Foto: Juliane Kinast

Und Tokashiki ist ideal dazu. Quietschgrüne Wälder, Hügel, bezaubernde Aussichten von den Klippen aus, dann weiße Korallensandstrände in ruhigen Buchten. Dass die asiatischen Touristen nicht die geborenen Wandervögel sind, beweisen die meist stark überwucherten Wege - und die Tatsache, dass ich innerhalb mehrerer Stunden nicht einem einzigen Menschen begegne. Was mir zunächst ja nichts ausmacht, aber nach dem fünften Schild, das auf die Gefahr von Giftschlangen hinweist, überlege ich doch, was nun eigentlich im Fall eines Bisses passieren würde. Absolut niemand weiß, wo ich bin.

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Foto: Juliane Kinast

Ein ganz kleines bisschen gut fühlt es sich also doch an, nach dem Auf und Ab durch die Hügel und vollkommen durchgeschwitzt wieder auf der Asphaltstraße Richtung Hafen anzukommen. Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es zur Fähre Richtung Naha. Die Ansagen sind auch hier alle auf Japanisch - aber es gibt keine Zwischenstopps und ich kann mich entspannt auf dem oberen Deck in die Sonne legen. Ausruhen. Morgen Früh stehe ich wieder im Dojo und bin ganz die Karatekämpferin. Aber für 90 Minuten Schippern übers Meer nur Touristin. Schön!

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