Neue Fotos zeigen Vergewaltigungen

Militärs haben US-Präsident Obamas überzeugt, Bilder aus dem Gefangenenlager zurückzuhalten. Die jetzt aufgetauchten Exemplare sind zu brisant.

Washington. Fast drei Jahre nach der Schließung des Kriegsgefangenenlagers Abu Ghoreib bringen neue Skandalfotos aus der berühmt-berüchtigten irakischen Haftanstalt den neuen US-Präsidenten Barack Obama in Bedrängnis. Obama will die Veröffentlichung der besonders brutalen Fotos blockieren, die unter anderem die Vergewaltigung von Gefangenen durch amerikanische Soldaten zeigen sollen. Dabei hatte der Präsident noch im April angekündigt, alle Bilder freigeben zu wollen.

Ausgelöst wurde der jüngste Skandal durch ein Interview des pensionierten Armeegenerals Antonio Taguba mit einer britischen Tageszeitung. Darin beschreibt er bisher unbekannte Fotos brutaler Misshandlung sowie zahlreicher Fälle sexuellen Missbrauchs. Unter anderem wurden die Vergewaltigung einer irakischen Insassin durch einen Gefängniswächter sowie die homosexuelle Vergewaltigung eines jungen irakischen Häftlings durch einen amerikanischen Übersetzer abgelichtet. Nach Tagubas Schilderung sind auf den Bildern "Folter, Misshandlung, Vergewaltigung und jede denkbare Unanständigkeit zu sehen".

Die Darstellungen sind offenbar deutlich expliziter als jene Fotos, die 2004 von einem Gefängniswächter in die Medien lanciert wurden und zu Ermittlungen führten, die seinerzeit von Taguba geleitet wurden. Der Taguba-Bericht enthielt Zeugenaussagen sowie weitere Fotos, die Menschenrechtsorganisationen auf die Barrikaden trieben und weltweite Empörung auslösten.

Unter anderem wurden Häftlinge ausgezogen und in demütigende sexuelle Positionen gezwungen. Am Boden liegende, bewusstlose Gefangene wurden von Soldaten mit Knüppeln geschlagen und nackte Insassen gezwungen, sich zu einer "menschlichen Pyramide" aufzutürmen. Als besonders verwerflich wurden Bilder angesehen, auf denen Gefangene mit einer Hundeleine um den Hals über den Boden geschleift und dabei von Soldaten ausgelacht wurden. Gefängnismitarbeiter wurden daraufhin in den USA zu Haftstrafen verurteilt. Das Internationale Komitee des Roten Kreuz gelangte zu dem Schluss, dass die Mehrheit der Häftlinge sich nichts hatten zu Schulden kommen lassen. Im August 2006 wurde das Lager stillgelegt.

Zwar hatte Obama im Vormonat versprochen, sämtliche Fotos aus Abu Ghoreib freigeben zu lassen. Vorausgegangen war seiner Ankündigung eine erfolgreiche Klage durch die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU). Gegen das Urteil Berufung einzulegen, so der Präsident, sei "sinnlos", zumal jeder Amerikaner das Recht habe, über die Misshandlungen vollständig informiert zu sein.

Zwischenzeitlich haben Militärs Obama aber umstimmen können. Nun erklärte der Präsident, dass die Veröffentlichung anti-amerikanische Emotionen schüren würde und die Sicherheit der US-Truppen gefährden würde. Obwohl einige demokratische Parteikollegen Obama drängen, sein früheres Versprechen einzulösen, steht Taguba auf der Seite des Präsidenten. "Sie können es mir glauben, man muss die Bilder nicht sehen, die Beschreibungen sind schlimm genug."

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