Kommunalwahl mit Signalcharakter

Der Urnengang im bevölkerungsreichsten Bundesland gilt als wichtiger Stimmungstest für die Bundestagswahl – vier Sonntage später.

Düsseldorf. Es ist schon ein wenig gespenstisch: Überall an den Laternenmasten in NRW hängen die Plakate der Parteien, die um Zustimmung bei der Kommunalwahl am 30. August werben. Der Wähler wird geködert mit markigen Versprechungen: "Mehr Soziales", "Mehr für die lokale Wirtschaft", "Mehr Kindergartenplätze" und so weiter.

Über das eigentliche Thema wird geschwiegen: In den kommenden Jahren haben die Städte deutlich weniger Geld als bislang zur Verfügung, müssen eisern sparen und Angebote zurückfahren. Doch diese bitteren Wahrheiten trauen die Parteien dem Wahlvolk nicht zu.

Dabei kommt der Kommunalwahl erneut besondere Bedeutung zu: Vier Sonntage vor der Bundestagswahl am 27. September gilt sie als Stimmungstest - zumindest aus Berliner Sicht.

Schließlich ist das bevölkerungsreichste Bundesland an die Urne gerufen: 14,3 Millionen Wahlberechtigte können ihre Stimme abgeben. Darunter freilich rund 550.000 EU-Ausländer, die bei Bundes- und Landtagswahlen nicht antreten dürfen, sowie rund 450.000 16- bis 18-Jährige, für die das gleiche gilt.

"Die NRW-Wahl ist völlig offen", sagt der Chef des Bielefelder Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner. Er fällt seit Jahren mit harscher Kritik an der SPD auf, sagt jetzt aber: "Die CDU ist in NRW keine Volkspartei." Das überrascht angesichts des großen Vorsprungs, den die Landespartei unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers vor der SPD hat.

Doch Güllner weist auf die Besonderheiten bei der Kommunalwahl hin: Von Stadt zu Stadt können die Ergebnisse sehr stark schwanken, die lokalen Kandidaten sind ausschlaggebend. Zudem habe sich die CDU auch unter Rüttgers nicht wirklich aus ihrem klerikalen Milieu lösen können.

So kann sich die angeschlagene NRW-SPD unter Hannelore Kraft Hoffnungen machen, die Oberbürgermeisterposten in Köln oder Duisburg zurückzuholen, sie im eigentlich schwarzen Mönchengladbach oder in alten Hochburgen wie Dortmund zu verteidigen. In weiten Teilen des Landes scheint die kommunale Vorherrschaft der CDU aber unantastbar - etwa im Sauerland und am Niederrhein.

Dieses Mal noch werden die Direktwahlen für die Oberbürgermeister, die Landräte und die Bürgermeister in den kreisabhängigen Städten ein letztes Mal zusammen abgehalten. Denn dann entkoppeln sich die beiden Wahlen. Der Rhythmus für die Ratswahlen bleibt bei fünf Jahren, während die Direktwahlen künftig nur noch alle sechs Jahre stattfinden sollen.

Das bedeutet, dass in den Großstädten drei Wahlzettel vorliegen, in den kreisangehörigen Städten vier. In den Großstädten oder Kreisen, in denen beispielsweise wegen eines Todesfalls - wie in Düsseldorf - zwischendurch ein neuer kommunaler Spitzenvertreter gewählt wurde, entfällt ein Wahlzettel für die Direktwahl. Eine Stichwahl zwischen den beiden besten Direktkandidaten gibt es dieses Mal nicht. Eine entsprechende Klage der SPD wurde abgewiesen.

Insgesamt bewerben sich 100.000 Kandidaten für etwas mehr als 15.000 kommunale Mandate. Die Chancen auch für kleine Gruppierungen, in eine kommunale Vertretung zu rutschen, sind gar nicht schlecht. Schließlich gibt es nach einem Urteil des Landesverfassungsgerichts keine Sperrklausel mehr. Das sorgt für bunte Verhältnissen - bis zu acht Fraktionen werden keine Seltenheit sein.

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