NRW Beweise für Spitzelaufruf an Schulen fehlen

Düsseldorf. Haben türkische Konsulate Lehrer, Eltern und Schüler zu Denunziationen aufgefordert oder nicht? Im Schulausschuss des Landtags gab es am Mittwoch keine Klärung dieser Frage.

Schulministerin Sylvia Löhrmann verweist auf die Ermittlungsbehörden.

Schulministerin Sylvia Löhrmann verweist auf die Ermittlungsbehörden.

Foto: Marcel Kusch

Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) sieht sich angesichts sich widersprechender Darstellungen nicht in der Lage, eine Bewertung der Vorwürfe abzugeben. Die Ermittlungen des Polizeipräsidiums Düsseldorf sind aber noch nicht abgeschlossen. Nur eines scheint bisher sicher: Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf sieht nach Angaben des Schulministeriums keinen Anfangsverdacht einer Straftat. Allenfalls handele es sich um einen „straflosen Versuch einer Anstiftung zu einer politischen Verdächtigung“. Auch der Generalbundesanwalt hat einen Anfangsverdacht verneint — dort wegen möglicher geheimdienstlicher Agententätigkeit.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Urheberin der Vorwürfe, hat in einer Stellungnahme an das Ministerium Anfang dieser Woche ihre Darstellung aufrechterhalten. Allerdings reduziert sie darin die Schilderung auf nur noch einen Termin am 8. Januar im Generalkonsulat in Düsseldorf. Ein ursprünglich genannter Termin am 22. Januar „und Gespräche in weiteren Konsulaten konnten nicht bestätigt werden“. Die GEW, so die NRW-Vorsitzende Dorothea Schäfer, beziehe sich auf Angaben von Lehrern der beiden türkischen Lehrervereine TÖB und TÖD, die den Verlauf des Treffens in Telefonaten und später auch in persönlichen Gesprächen geschildert hätten.

Danach sei der Schwerpunkt des Treffens das Bemühen der Konsulin gewesen, „eine Kommission zu gründen, die als Plattform dienen solle, um im Unterricht von Lehrkräften formulierte Kritik an der Politik Erdogans zu sammeln“. Die Kommission sei der Konsulin sehr wichtig gewesen, „da das Konsulat nicht als direkter Ansprechpartner für Beschwerden fungieren könne“, schreibt Schäfer an das Ministerium. Schäfers Darstellung stehen mehrere Stellungnahmen gegenüber, die dem vehement widersprechen. So hatte die Düsseldorfer Generalkonsulin Sule Gürel bereits am 23. Februar geschrieben, die GEW-Vorwürfe entbehrten jeglicher Grundlage. Auch die Föderation Türkischer Elternvereine in NRW erklärte, bei dem Treffen am 8. Januar sei es um Fragen der einseitigen Unterrichtsgestaltung zu Themen wie der Armenienresolution des Bundestages oder Vergleiche des türkischen Präsidenten Erdogan mit Adolf Hitler gegangen. Auch gebe es immer wieder Probleme bei der Beantragung von herkunftssprachlichem Unterricht. Das Generalkonsulat habe nach Ansprechpartnern gesucht, „um die Beschwerden der Elternschaft zu kanalisieren“. Der GEW wirft der Elternverein vor, sich politisch instrumentalisieren zu lassen.

Laut Schulministerium haben weitere Eltern- und Lehrerverbände die GEW-Darstellung zurückgewiesen. Die Gewerkschaftsvorsitzende benennt auch im Schreiben aus dieser Woche ihre Quellen nicht namentlich. Ministerin Löhrmann bekräftigte daher im Ausschuss, dass sie keine Konsequenzen aus den Vorwürfen ziehen könne: „Ich lege Wert auf eine Teilung der Gewalten. Und ich lege Wert darauf, dass ein Anfangsverdacht nicht ausreicht, sondern dass es Belege geben muss.“ Sie appellierte, konkrete Hinweise an ihr Haus oder an das Innenministerium zu melden.

„Ich bin dankbar, wenn ich aus Vorwürfen Fakten machen kann.“ Die CDU-Kritik, die Landesregierung reagiere zu zögerlich, wies Löhrmann zurück: „Wo ich konnte, habe ich klare Kante gezeigt.“ Sie bezog sich dabei auf die Abberufung eines Mitglieds des Beirats für den islamischen Religionsunterricht Ende November vergangenen Jahres. Die Ministerin stellte auch klar, dass in den Schulen eine kontroverse Diskussion des Türkei-Themas weiter möglich und gewünscht sei. Eine Rundmail des Ministerium an alle Schulleitungen zur Wahrung des Schulfriedens war teilweise missgedeutet worden.

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