Hochschulgesetz-Änderungen Keine Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger in NRW

Im Koalitionsvertrag ist die Vereinbarung auf Gebühren für Menschen aus Drittstaaten getroffen worden. In einer nun vorgestellten Hochschulgesetz-Novelle ist davon aber keine Rede mehr.

 Isabel Pfeiffer-Poensgen ist NRW-Miniserin für Kultur und Wissenschaft.

Isabel Pfeiffer-Poensgen ist NRW-Miniserin für Kultur und Wissenschaft.

Foto: Lepke, Sergej (SL)

Die am Dienstag vorgestellte Novelle des Hochschulgesetzes in NRW sieht keine Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer an NRW-Hochschulen vor. „Der Koalitionsvertrag stellt allein unserem Haus 108 Aufgaben. Wir arbeiten und beschäftigen uns ständig mit allen Themen. Aber das ist einfach noch nicht soweit“, sagte gestern NRW-Kultur- und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) zur Möglichkeit, mit dem neuen Hochschulgesetz, das 2019 durch den Landtag gehen und zum Wintersemester 2019 in Kraft treten soll, Studiengebühren einzuführen. Und: Sie ließ völlig offen, ob es dazu in der laufenden Legislaturperiode überhaupt noch kommen könnte.

Viele Experten hatten die im NRW-Koalitionsvertrag vorgesehenen Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer kritisch gesehen. Klar ist: Die schwarz-gelbe Landesregierung wollte Beiträge für Studierende aus Drittstaaten (ausgenommen Entwicklungsländer) nach dem Vorbild Baden-Württembergs einführen. In Baden-Württemberg müssen Studenten aus Nicht-EU-Ländern 1500 Euro pro Semester zahlen. Die Erfahrungen dort würden in NRW beobachtet, sagte die Ministerin. „Wir haben viele Statistiken dazu vorliegen“, so Pfeiffer-Poensgen – aber wohl noch kein abschließendes Bild.

Derweil soll es mit der gestern verkündeten Novelle künftig die Möglichkeit für Hochschulen geben, Anwesenheitspflichten für Studierende einzuführen. Die waren bislang verboten. Außerdem will Pfeiffer-Poensgen die Studienabbrecher-Quote in NRW verringern und deshalb den Studierenden mehr Hilfsangebote an die Seite stellen. Dazu soll eine Experimentierklausel den Hochschulen die Möglichkeit geben, mit Studierenden Studienverlaufspläne zu erproben. Als Zusatzangebot – nicht als Disziplinierungsinstrument, wie die Ministerin wertete. „Ich bin nicht davon beseelt, mehr Studenten aus den Hochschulen rauszuwerfen.“ Vielmehr müsse die Erfolgsquote verbessert werden. Dafür brauche es künftig ein „Leitbild für Lehre“, mit dem der Lernerfolg wahrscheinlicher wird.

Unter dem Strich verlagere das Gesetz Zuständigkeiten wieder vermehrt an die Hochschulen. „Es wird die Rahmenbedingungen für Qualität und Erfolg im Studium und für Exzellenz in der Forschung verbessern. Die Autonomie und die Gestaltungskraft der Hochschulen werden durch ein weiterentwickeltes Hochschulfreiheitsgesetz in den Mittelpunkt gerückt“, sagte Pfeiffer-Poensgen.

Der Entwurf, den das Landeskabinett am Dienstag in seiner letzten Sitzung des Jahres beschlossen hat, wertete das Ministerium als eine Absage an die zentrale Steuerung durch das Land. Deshalb entfalle auch der Hochschulentwicklungsplan. Die neuen Freiheiten der Hochschulen sollen den Hochschulen zudem erlauben, selbst Bauherren zu werden. Auch die nebenberufliche Anstellung von Professoren wird erleichtert. Zudem wird das sogenannte Hausberufungsverbot flexibler gestaltet: Künftig ist es also leichter, eine Professur an jener Hochschule anzutreten, an der man bislang fest beschäftigt gewesen ist.

Kritik kommt von der Opposition: Mit der Abschaffung des Landeshochschulentwicklungsplans werde ein bewährtes Instrument zur Kooperation zwischen den Hochschulen abgeschafft, sagte Dietmar Bell, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und nannte die Wiedereinführung der Anwesenheitspflicht über eine hochschulinterne Entscheidung einen „längst befriedeten Konflikt“, der zurück in die Hochschulen getrieben werde.

Dass mit der Einführung von verpflichtenden Online-Studienorientierungstests, den sogenannten Online-Self-Assessments, Studierende bevormundet und „unter Umständen sogar zum Verzicht auf ein Studium gedrängt“ werden, wie Bell sagte, sieht Pfeiffer-Poensgen anders. Sie habe in zahlreichen Gesprächen erfahren, dass Studierende mit falschen Erwartungen an die Hochschule gekommen seien. Die Tests würden zur Selbsteinordnung beitragen. Die Grünen sehen verhindert, „dass Studierende ihr Studium selbstbestimmt gestalten können“, sagte Matthi Bolte-Richter, wissenschaftspolitscher Sprecher: Zudem schwäche Schwarz-Gelb Demokratie an den Hochschulen – Mitbestimmung für Studierende und Beschäftigte würden massiv eingeschränkt. Und zur neu ermöglichten Anwesenheitspflicht: „Schon heute müssen knapp 70 Prozent der Studierenden neben dem Studium arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren. Mit der Anwesenheitspflicht wird diesen ein Studium erschwert, im schlimmsten Fall nehmen sie es erst gar nicht auf.“

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