Reise nach Washington : Merkel will bei Trump Stimmung im Handelsstreit verbessern
Berlin (dpa) - In heikler Mission reist Angela Merkel nach Washington: Wenige Tage vor Ablauf einer Schonfrist für die EU-Länder bei Zöllen auf Stahl und Aluminium will sie das Gewicht des Handelsriesen Deutschland in die Waagschale werfen.
Die Bundesregierung glaubt jedoch im Gegensatz zur eigentlich federführenden EU-Kommission in Brüssel nicht mehr an ein schnelles Einlenken Washingtons. Stattdessen schlug Berlin kurz vor Merkels Reiseantritt vor, neue Verhandlungen über das gesamte Paket Industriezölle zu führen. Trump beklagt, dass die EU insgesamt höhere Einfuhrhemmnisse für US-Waren erhebt, als andersherum. Es müsse über alle Industriezölle gesprochen werden, hieß es am Donnerstag in deutschen Regierungskreisen in Berlin. Nur über Zölle für deutsche Autos zu reden, sei nicht akzeptabel.
Die mit dem Verhandlungsmandat für alle 28 EU-Staaten ausgestattete EU-Kommission rechnet im Gegensatz zur deutschen Regierung weiter mit einer Verlängerung der Ausnahme für gesamte Union. „Unsere Erwartung bleibt, ausgenommen zu bleiben, aber falls nötig sind wir bereit“, sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde am Donnerstag. Man stehe in ständigem Kontakt mit der US-Administration und dringe auf eine „dauerhafte und bedingungslose Ausnahme“. Für den Fall, dass europäische Unternehmen nicht dauerhaft von den neuen US-Zöllen auf Stahl- und Aluminiumerzeugnisse ausgenommen werden, hatte die EU bereits Vergeltungszölle angekündigt.
Merkel ist zu ihrem zweiten Besuch bei Trump nach Washington abgereist. Die Gespräche mit dem US-Präsidenten sind für Freitagabend deutscher Zeit geplant. Neben dem drohenden Handelskrieg zwischen den USA und Europa dürften die Krisen in Syrien und im Iran sowie der Streit um die Gaspipeline Nordstream 2 aus Russland im Mittelpunkt stehen.
In der Irankrise steht spätestens am 12. Mai eine Entscheidung in den USA an, die den 2015 abgeschlossenen Atomdeal kippen könnte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte bei seinem Washington-Besuch Anfang der Woche Trump eine Linie aufgezeigt, wie die US-Interessen mit denen der übrigen Parteien des Abkommens unter einen Hut gebracht werden können. Ob sich der US-Präsident darauf einlässt, ist derzeit unklar.
Nach dem französischen Präsidenten ist Merkel die zweite wichtige Politikerin aus Europa, die innerhalb weniger Tage mit Trump zusammentrifft. Erstmals hatte Merkel den US-Präsidenten im März 2017 besucht. Das Verhältnis zwischen beiden gilt auch persönlich als nicht spannungsfrei.