Auch Beamte wollen Frühpension ohne Abschläge

Berlin (dpa) - Die schwarz-roten Rentenpläne wecken Begehrlichkeiten auch bei den Staatsdienern. Sie wollen teilhaben am früheren Ruhestand ohne Abschläge und an der verbesserten Mütterrente.

„Wir fordern die systemgerechte Übertragung von Verbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung“, sagte der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Klaus Dauderstädt, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag). „Alles andere wäre sachlich nicht zu begründen und schlicht ungerecht.“

Ein dbb-Sprecher bestätigte dies der dpa und ergänzte, Ziel sei die „Gleichbehandlung von Versorgungsrecht und Rentenrecht“. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass langjährig Versicherte, die 45 Beitragsjahre vorweisen können, mit dem vollendeten 63. Lebensjahr abschlagsfrei in Rente gehen können. Die Benachteiligung älterer Mütter bei der Rente soll zudem gemildert werden.

Beamtinnen in Bund und Ländern, die vor 1992 Mutter geworden sind, bekommen derzeit je Kind sechs Monate Kindererziehung auf die Pension angerechnet. Aus dbb-Sicht wäre eine Verdopplung angebracht. Mütter, die 1992 oder später Kinder bekamen, werden bisher schon bei Rente und Pension gleichermaßen drei Jahre je Kind angerechnet.

Der CDU-Rentenpolitiker Peter Weiß sagte zur Forderung des Beamtenbundes, sie sei „logisch“, könne aber besonders für die Länder sehr teuer werden. Dies deshalb, weil Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, die die Voraussetzung von 45 Dienstjahren erfüllen, fast nur im einfachen und mittleren Dienst bei Kommunen und Ländern zu finden sind. Die Länder müssen auch diese Pensionen bezahlen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zeigte sich deshalb skeptisch. „Meine Neigung dazu ist nicht sehr groß“, sagte er in Berlin. Bei den Beamtenpensionen rolle ohnehin „eine gewaltige Kostenlawine“ auf die Länder zu. Seine Thüringer Amtskollegin Christine Lieberknecht (CDU) sieht in 45 Dienstjahren ein „K.o.-Kriterium“ für die meisten Beamten. Dass die abschlagfreie Rente mit 63 vor allem ohnehin gut versorgten Männern zu gute kommt, zeigen offizielle Zahlen. Danach erfüllt jeder zweite männliche Neurentner im Alter von 63 bis 65 Jahren die Voraussetzung für die geplante abschlagfreie Frührente, aber nur jede siebte Frau.

Enthalten sind die Zahlen in der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Sozialexperten der Grünen-Bundestagsfraktion, Markus Kurth, über die die „Frankfurter Rundschau“ (Donnerstag) berichtete. Danach kamen 2011 knapp 92 000 Männer, aber nur 24 000 Frauen auf 45 Beitragsjahre. „Das ist eine Regelung, die vor allem dem Facharbeiteradel zugutekommt“, kritisierte Kurth.

Dass auch Renten seit 2005 grundsätzlich versteuert werden müssen, wissen nach einer neuen Umfrage nur 16 Prozent der Bürger: Bei den 20- bis 29-Jährigen sind es 8 Prozent, bei den 50- bis 59-Jährigen 22 Prozent. Besonders schlecht informiert sind nach der Forsa-Umfrage im Auftrag von Union Investment Bezieher niedriger Einkommen.

Schlagzeilen machten in diesem Zusammenhang zuletzt Berichte, in denen die Informationsschreiben der Rentenversicherung kritisiert wurden: Die darin enthaltenen Hochrechnungen seien irreführend, da sie nur Bruttobeträge ohne Berücksichtigung von Sozialabgaben und Steuern ausweisen. Die Abzüge von der Brutto-Rente können bis zu 25 Prozent ausmachen. Dies wird in den Schreiben nicht deutlich.

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