Analyse: Sex- und Zockersteuer für die Stadtkassen

Der Phantasie der Kommunen sind bei der Suche nach Einnahmequellen keine Grenzen gesetzt.

Berlin. Sexsteuer, Bräunungssteuer, Zockersteuer: Die Städte und Gemeinden steuern auf ein Rekorddefizit zu - und suchen in ihrer Not immer neue Einnahmequellen. Besonders erfinderisch sind die Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Gerade erst hat Essen eine Steuer auf Sonnenbänke eingeführt, da zieht Köln mit der "Bettensteuer" nach.

Trotz rechtlicher Unsicherheiten verlangt Köln ab Freitag eine "Kulturförderabgabe" von fünf Prozent auf Hotelübernachtungen. Die Einnahmen sollen in den Kulturetat fließen; die Stadt hofft auf sieben Millionen Euro pro Jahr. Ersonnen hatte die Steuer, die es in Weimar seit 2005 gibt, der frühere Stadtkämmerer und heutige NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), der 2004 schon die "Sexsteuer" für Prostituierte und Bordelle in Köln eingeführt hatte.

Die Kommunen haben großen Gestaltungsspielraum: Sie können sich Steuern ausdenken, müssen sie aber vom Land genehmigen lassen. Walter-Borjans gilt in dieser Hinsicht als Vordenker. Allein die "Bettensteuer" könnte nach seinen Berechnungen jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag in die kommunalen Kassen spülen, wenn sie landesweit eingeführt würde.

Auch wenn der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga bereits eine Klage gegen die Kölner Abgabe angekündigt hat, ist das Interesse groß. Mehr als 20Städte und Gemeinden in ganz Deutschland stellen inzwischen ähnliche Überlegungen an.

Hamburg führt 2011 eine "Kulturtaxe" ein, die wie in Köln etwa fünf Prozent der Hotelrechnung betragen und rund zehn Millionen Euro pro Jahr einbringen soll. Zudem will der schwarz-grüne Senat Unfallverursacher, die bei einem Unfall ohne Personenschaden die Polizei rufen, künftig mit 40 Euro zur Kasse bitten. Geschätzte Einnahmen der "Blaulichtsteuer": 1,6 Millionen Euro pro Jahr.

Essen hat eine "Bräunungssteuer" beschlossen. Die Besitzer von Solarien sollen künftig eine Abgabe von 20 Euro pro Sonnenbank und Monat zahlen.

Viele Kommunen sehen neue Steuern als letzten Ausweg aus ihrer Misere. Ihnen geht es so schlecht wie nie. Der Deutsche Städtetag erwartet dieses Jahr eine Verdoppelung des kommunalen Defizits auf fast 15 Milliarden Euro. Umso besser, wenn sich neue Abgaben dann auch noch politisch rechtfertigen lassen.

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