Jörg Immendorff: Affen-Plage und Fälschungen

Ein Jahr nach dem Tod des Malers und Bildhauers zieht Michael Werner als Nachlass-Verwalter die Notbremse.

Düsseldorf. Vor einem Jahr ist Jörg Immendorff an der Nervenkrankheit ALS gestorben. Was ist in der Zwischenzeit geschehen? Warum spricht Michael Werner, sein Nachlass-Verwalter für Gemälde, Zeichnungen und wichtige Skulpturen, von Fälschungen und bittet Auktionshäuser, die Ware aus den Katalogen zu nehmen oder nicht zum Aufruf zu bringen? Wie reagiert der Kunstmarkt? Wie kommt es zur wundersamen Vermehrung der Affengestalten? Eine Analyse.

Immendorffs Kunst war bis Anfang 2000 unterbewertet. Nach seinem Tod erzielten wichtige Auktionshäuser hohe Preise für seine Gemälde. "Der Frage wo stehe ich nachgehend" (1987) brachte es bei Christie’s in London auf 271228Euro. Die "Geburt Zwiebelmann" (1992) wurde bei Philips de Pury in London für 210955 Euro abgegeben, "Leda und die Schwäne" (1984) bei Christie’s für 144500Britische Pfund und "Marcel’s Erlösung" (1988) bei Phillips de Pury in New York für 168 425 Euro. Michael Werner hatte an alle Auktionshäuser Rundschreiben geschickt, ihre Ware vorzulegen, und Werner gab in den genannten Fällen grünes Licht.

Doch Falsifikate nehmen zu. Werner erklärt unter Vorbehalt, weil er oft nur die Abbildungen vor sich hat: "Die Auktionen sind voll gespickt mit Fälschungen. In Bremen wurden in der Weserburg etwa vier Fälschungen gezeigt. Im Wiener Dorotheum wurde ein Bild, das sich schon im Katalog befand, beschlagnahmt. Bei Van Ham in Köln hat man einige Immendorffs aus der Versteigerung zurückgezogen, einige nicht. Bei den Münchener Häusern Neumeister und Karl & Faber hat man nicht reagiert."

Wie sich Michael Werner diese Falsifikate erklärt? "Es ist schwer zu sagen, was in den letzten Jahren im Atelier passiert ist. Es gab viele, auch wechselnde Assistenten. Und es gibt Mengen von Zertifikaten, deren Unterschriften vom Künstler stammen oder auch nicht."

Werner hat es nicht leicht. Er erinnert sich an einen aktenkundigen Fall im Zusammenhang mit einem vorbestraften Ex-Fahrer von Immendorff. 25 Bilder stellte die Kripo fest. Doch dann erklärte Immendorff, er fühle sich bedroht, man solle die Fahndung fallen lassen.

Nun gibt es auch eine seltsame Vermehrung von Immendorffs Bronze-Affen. Rund um die Monkey-Restaurants am Düsseldorfer Graf-Adolf-Platz wimmelt es nur so davon. Hat ihr Besitzer Helge Achenbach die "Exklusivrechte" an der 36-teiligen Affen-Serie, wie vor einigen Monaten im "Focus" zu lesen war?

Für Michael Werner ist dies eine fragwürdige Sache. "In seiner Kokain-Zeit brauchte Jörg erhebliche Gelder und hat Ressourcen wie Druckgrafik und Skulptur dazu instrumentalisiert. Er hat mir die Affen gezeigt und ich war nicht interessiert", so sagt er. "Daraufhin ist Achenbach eingesprungen und hatte damit einen Fuß in der Tür zum Atelier des Künstlers." Er habe damals mit Achenbach verhandelt, um die Produktion zu limitieren und eine Ausstellung mit 17 Affen gezeigt. "Ich dachte", so Werner, "damit einen Schlusspunkt zu setzen. Aber es gab keinen Abschluss, sondern Affen-Vergrößerungen auf zwei Meter und Affen-Verkleinerungen, die Immendorff dann nicht etwa an Helge Achenbach, sondern an die Galerie Rattray gegeben hat. Ich habe mich daraufhin von der Affen-Produktion ferngehalten."

Nun gibt es noch Dirk Geuer, Galerist und Verleger in Düsseldorf. Er organisiert ab 10. Juli eine umfangreiche Grafik-Schau im Congress-Centrum Hamburg (CCH) und zeigt 600Werke, darunter Grafiken, Stempeldrucke und Skulpturen. Geuer präsentiert sich gern als selbst ernannter Grafik-Nachlass-Verwalter. Ist dem so? Michael Werner sagt: "Oda Jaune, Immendorffs Witwe, hat bisher niemanden autorisiert. Ich habe als Nachlass-Verwalter eine Spezialabmachung. Ich sorge dafür, dass ein Oeuvre-Katalog herauskommt." Werner geht davon aus, dass es "wahrscheinlich zu einem umfangreichen Prozess kommen wird". Dann soll geklärt werden, woher die namentlich bekannten Einlieferer in die Auktionshäuser ihre Immendorffs haben.

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