Wenn das Wohnmobil „wabbelt“

Die „Butze“ streikt: Eine gebrochene Antriebswelle sorgt für einen unfreiwilligen Stopp an einem albanischen Rasthof.

Wenn das Wohnmobil „wabbelt“
Foto: Mycha Schekalla

Seit geraumer Zeit fängt der Fiat unkontrolliert an zu wabbeln. Wenn ich die magische Marke von 60 km/h überschreite wird es spürbar ungemütlich. Die Reifen haben wir vorgestern checken lassen, als es angefangen hat und wir noch dachten, es läge an losen Schrauben. In weiser Voraussicht haben wir uns, beim letzten Besuch in Wuppertal, ein Radkreuz zugelegt. Im französischen Dezember haben wir so ein Teil vermisst, genauso wie einen Wagenheber, der jetzt auch zum festen Bestandteil der Reiseausrüstung gehört.

Wenn das Wohnmobil „wabbelt“
Foto: Mycha Schekalla

Leider habe ich verpasst, das Radkreuz vor Abfahrt zu testen und musste feststellen, dass es nicht auf die fetten Schrauben passt. Klassischerweise rappelt das Wohnmobil erst, nachdem wir die EU verlassen und die Grenze von Griechenland nach Albanien passiert haben. Ich wünschte, ich hätte das Internet zur Verfügung und könnte zumindest nachsehen, wo die nächste Werkstatt ist.

Die letzte hat uns eiskalt abblitzen lassen und weggeschickt. War auch leicht unfair, weil wir einander einfach nicht verstanden haben und meine pantomimischen Fertigkeiten nicht ausreichen, um „wabbeln“ darzustellen.

Auf einer Autobahn steuere ich die Butze an einen Autogrill-Rasthof. Unverhofft sehen wir von weitem Werkstatttore. So, als ob es ein Wink des Schicksals ist, dass wir ausgerechnet im Nirgendwo Hilfe finden könnten, prangen auch noch deutsche Flaggen darüber. Es stellt sich raus, dass niemand Deutsch spricht und die Flaggen nur Werbung für Motoröle waren. Ich versuche es auf Englisch, und schon beim ersten Wort wird der Azubi hergewunken. Er ist maximal 16 und übersetzt alles, was ich sage, ins Albanische. Das Dutzend Kerle, das grad noch um einen alten Traktor stand, versammelt sich allmählich um den Fiat. Es wird relativ schnell klar, dass die Antriebswelle gebrochen ist.

Wir sind jetzt eine Attraktion. Vor allem weil wir einen Fiat fahren. Niemand fährt Fiat in Albanien. Hier gibt es fast nur deutsche Autos. Der italienische Mechaniker sagt, dass es schwierig wird, ein Ersatzteil zu finden. Wir werden auf den nächsten Tag warten müssen.

Im Dezember haben wir einen Reifen bei 80 Sachen auf einer Landstraße in Frankreich „verloren“ (volle Kalotte geplatzt). Zwei Feuerwehrmänner im Feierabend haben uns mit adäquatem Besteck - in Form eines fetten Wagenhebers - aus der Patsche geholfen. Als wir im Februar wieder losgefahren sind, ist uns in Bayern der Anlasser flöten gegangen. Wir mussten abgeschleppt werden und mehr als 500 Euro für einen neuen latzen; konnten aber am selben Tag weiterfahren. Kurz vor Griechenland dachten wir, unsere Wasserpumpe würde den Geist aufgeben. Bis wir feststellen mussten, dass sich im Wassertank Algen gebildet hatten, die den Schlauch verstopften.

Was ich damit sagen will: Wenn man ein Wohnmobil fährt, gibt es immer irgendwas daran zu tun. Im ersten Moment verliere ich immer noch die Nerven. Man gewöhnt sich aber an so gut wie alles.

Den nächsten Tag verbringen wir am Autogrill. Das Essen ist spottbillig, und die Kinder verlieren sich schnell in einem Plastikparadies von Spielplatz. Trotzdem beginnen sie sich irgendwann zu langweilen. Der Azubi fängt erst um 15 Uhr an, und so müssen meine Hände wieder als bedürftige Übersetzung meiner Worte dienen. Ein Mechaniker versucht mir zu erklären, dass eine neue Antriebswelle 400 Euro kosten wird, und winkt direkt ab, weil er findet, dass das zu teuer ist.

Es wird nach einem Ersatzteil auf dem 30 Minuten entfernten Schrottplatz gesucht. Später erfahre ich, dass die Jungs zwei Schrottplätze abfahren mussten. Weil wir eben so einen „seltenen“ Fiat fahren. Wir sitzen im Womo, als die völlig verrostete Welle fein säuberlich abgeschliffen und eingebaut wird. Danach mache ich eine Probefahrt mit dem Azubi. Wir unterhalten uns nett über die abenteuerlichen Straßen; sobald man hier die frisch ausgebauten Autobahnen verlässt befindet man sich im Niemandsland. So sehen die „Straßen“ dann auch leider aus.

Während wir auf der Rückfahrt im Berufsverkehr feststecken, läuft die Butze wieder rund. Ich bezahle 27 000 albanische Lek für alles und triumphiere über meine Frau, die mich herzlich ausgelacht hat, als ich bei der Einreise am Automaten zu viel Geld abgehoben habe. Weil ich damals noch nicht wusste, wie hoch der Umrechnungskurs ist. Am Ende sind wir mit dieser Reparatur ganz schön günstig davongekommen. Unsere Fahrt führt uns mehrere Tage durch Montenegro, bis wir in Kroatien ankommen, um uns Dubrovnik anzusehen. Kurze Zeit später fahren wir 15 Minuten durch Bosnien Herzegovina.

Ich wünschte, wir hätten etwas mehr Zeit. Unser Zeitplan hat sich leicht nach hinten verschoben, als wir uns entschlossen haben, die Fähre nach Griechenland zu nehmen. Im Endeffekt war das eine der besten Entscheidungen, die wir hatten treffen können. Nach Kroatien und Slowenien erwartet uns das piekfeine Österreich wieder, bis wir uns am Chiemsee mit dem herrlich regnerischen Wetter abfinden müssen. Ein kurzer Stop „zu Hause“ wird uns hoffentlich weiter nach Skandinavien führen — wenn das Auto uns lässt.

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