Verpändelt und vertändelt

Jürgen Scheugenpflug ist Wuppertaler Kabarettist und Leiter der Kabarett-Academy. In seinem satirischen Wochen-Rückblick kommentiert er Ereignisse aus dem Stadtleben.

Pendlerpauschale - ein ewiges Hin(fort) und Her(damit) Nun ist es endlich raus: Das Bundesverfassungsgericht hat verkündet, dass die Streichung der Pendlerpauschale nicht verfassungskonform ist. Hatte doch die Regierungskoalition von CDU, SPD und CSU diesen Fahrtkostenzuschuss zum 1. Januar 2007 einfach mal so abgeschafft, um zu sparen.

Die Begründung jedoch wurde wohl nur "ausgependelt", denn die wackeren Verfassungsrichter - das sind die in den knallroten Roben - haben in ihrer Begründung nicht die Abschaffung an sich, sondern die schlampige Machart des Gesetzes kritisiert und abgelehnt. Womöglich auch den humorigen Begriff Werkstorprinzip, der sich selbst bei näherer Betrachtung nicht jedem sofort erschließt. Muss er ja auch nicht, denn die Argumente der Politiker werden von Tag zu Tag abenteuerlicher.

"Es war schon immer die Leitlinie der CDU-Politik, die Bürger von unverhältnismäßigen Belastungen zu befreien", säuselte der Fraktionschef der Wuppertaler CDU, Bernhard Simon, unlängst und prophylaktisch im Hinblick auf die bevorstehenden Kommunalwahlen. Dabei hat er im Eifer des Gefechts vergessen, dass die Idee der Abschaffung von seiner eigenen Partei stammt. Zudem übersehen, dass seine launigen Worte nur für circa 37000 Wuppertaler Pendler Öl auf die Mühle sind. Der Rest der Bürger fragt sich, warum eine nicht sonderlich gerechte Regelung wie diese rückwirkend wieder in Kraft tritt und wer das politisch-juristische Scharmützel denn eigentlich bezahlt?

Die Hoffnung, es handele sich bei der avisierten Rückvergütung um ein Konjunkturprogramm, sollte sich der Christdemokrat schnell mal wieder von der Backe wischen. Denn die Barmer Bürger können von ihrem Finanzamt angesichts des dortigen Personalmangels kaum mit einer zügigen Bearbeitung der Anträge rechnen. Da bleibt der Gabentisch leer, die Weihnachtsgans auf der feuchten Wiese und die Konjunktur dümpelt weiter vor sich hin.

Vielleicht aber sollten nicht nur der Wuppertaler Fraktionsvorsitzende sondern alle beteiligten Politiker vor solchen wahnwitzigen Vorschlägen mal locker und entspannt pendeln. Das macht nicht nur großen Spaß, sondern ist eine einfache Methode zur Kommunikation mit dem eigenen Unterbewusstsein. Aufgemerkt, es gibt auch frohe Kunde. Der Sonderpreis des deutschen Nachhaltigkeitspreises ging an die Stadt Wuppertal. Eine große Ehre, die allerdings nur den Unternehmen gilt, die sich durch Wirtschaftlichkeit, Ökologie und soziales Engagement hervorgetan haben. Der Stadt blieb wie so oft der peinliche Teil der Geschichte und mithin zweiter Sieger. Denn als die "FAZ" für eine Sonderbeilage zu diesem Thema um Informationen bei der Stadtsprecherin Frau Eckermann nachfragte, um Wuppertal endlich mal wieder bundesweit zu präsentieren, hat "die Stadt zu spät reagiert". Chance verpendelt, pardon, vertändelt.

Vermutlich weilten die Verantwortlichen just auf dem Rathausvorplatz, um bei einem herrlichen Becher Glühwein mit Schuss den Erfolg zu feiern. Das ist ungefähr so, als wenn der WSV mal wieder gewinnen würde und keiner wüsste die Mannschaftsaufstellung. Peinlicher geht es nicht mehr! Oder?

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