Klima: Bürger sollen es richten

Interview: Biogas ist noch keine Lösung, sagen Andreas Feicht und Frank Schwarz von den WSW.

Wuppertal. Herr Feicht, Herr Schwarz, was unternehmen die Wuppertaler Stadtwerke, um den Kohlendioxidausstoß zu verringern?<strong>Andreas Feicht: Es gibt verschiedene Maßnahmen. In Elberfeld und Barmen haben wir zwei Kraftwerke-Kopplungsanlagen, die haben einen wesentlich höheren Wirkungsgrad als normale Kraftwerke. Zudem haben wir mit unserer Tochtergesellschaft AWG eine Müllverbrennungsanlage, die auch Strom und Wärme produziert. Auf Lichtscheid sprechen wir nun mit Gewerbekunden und bieten ihnen die Fernwärme aus der Müllverbrennung an. Wie hoch ist der Kohlendioxidausstoß in Wuppertal derzeit pro Jahr?Frank Schwarz: Bei den Kraftwerken etwa 800 000 Tonnen. Existiert ein Klima-Ziel in Wuppertal?Schwarz: Die Stadt als unsere Konzermutter ist Mitglied im Klimabündnis. Bis 2010 soll versucht werden, etwa 30 Prozent Kohlendioxid einzusparen. Als Vergleich gelten die Werte Anfang der 90er Jahre. Referenzjahr ist 1992. Wie lautet Ihr Klimaziel in absoluten Zahlen?Schwarz: Wir hatten 1992 einen jährlichen Kohlendioxidausstoß von etwa drei Millionen Tonnen in der Stadt. Rechnen Sie 30 Prozent runter, dann kommen Sie auf etwa zwei Millionen Tonnen im Jahr 2010. Vorletztes Jahr lagen wir bei einem Ausstoß von 2,7 Millionen Tonnen. Das heißt, Wuppertal ist schon ein Stück dem Ziel nahe gekommen. Also 700 000 Tonnen fehlen noch?Schwarz: Ja. Wie können diese 700 000 Tonnen in knapp drei Jahren eingespart werden?Schwarz: Das kann nur unter Beteiligung aller Wuppertaler Bürger und Betriebe geschehen. Wer also öfter radelt, anstatt das Auto zu benutzen, der ist Ihr Verbündeter beim Klimaschutz?Schwarz: Ja, Erdgasfahrzeuge fahren, Gebäude dämmen, Schwebebahn fahren, das sind beispielsweise Maßnahmen, die dem Klima helfen. Stellt die Einspeisung von Biogas eine Alternative zu Erdgas dar?Feicht: Biogas ist eine Alternative , die allerdings unserer Einschätzung nach erst 2020 wettbewerbsfähig wird. Wir brauchen für Biogas ausreichende Anbieter in der Landwirtschaft, die die entsprechende Masse produzieren. Das heißt, es gibt nicht genug Landwirte, die Ihnen Biogas liefern können?Feicht: So ist es. Biogas wird vorrangig aus Gülle gewonnen und dafür braucht man entsprechende landwirtschaftliche Strukturen. Die sind nicht vorhanden?Schwarz: Das Stadtgebiet hat eine Fläche von 16 800 Hektar , davon sind 51 Prozent Weide- und Ackerfläche. Das sind etwa 8 600 Hektar. In Wuppertal haben wir einen Gasbedarf von 4,3 Milliarden Kilowattstunden. Um diese Gasmenge mit nachwachsenden Rohstoffen zu decken, braucht man derzeit eine Fläche von nahezu 80 000 Hektar. Es gibt eine Studie des Öko-Institutes, nach der Deutschland bis zum Jahr 2020 unabhängig von russischem Erdgas sein könnte, wenn man konsequent auf Biogas setzte.Schwarz: Die Studie, die Sie meinem, wurde im Auftrag der Grünen erstellt und behandelte den Energiebedarf der EU. Zudem wurden die Ukraine und Weißrussland als Zulieferer von Biogas aufgezählt. Entlang der Ferngasleitungen dort gibt es riesige Felder. So ist dieses Ergebnis entstanden. Erscheint es nicht sinnvoll, den Landwirten trotzdem schon jetzt Einspeisepunkte für Biogas anzubieten?Schwarz: Das ist genau die Frage, mit der wir uns schon seit längerer Zeit beschäftigen. Wir haben bereits 1999 eine Studie für das Stadtgebiet Wuppertal erarbeiten lassen. Wir haben etwa 100 Landwirte in Wuppertal, die aber überwiegend Nebenerwerbslandwirte sind. Deren Flächen sind meistens zu klein, um eine dezentrale Biogaserzeugung zu ermöglichen. Mit zwei Bauern haben wir Gespräche geführt und einem haben wir sogar die Vorplanung finanziert. Das Investitionsrisiko war jedoch zu hoch. Die Stadtwerke Aachen machen das aber doch sehr offensiv. Warum können die, was in Wuppertal nicht zu funktionieren scheint?Feicht: Die Region dort ist sehr viel stärker landwirtschaftlich geprägt. Wenn man so etwas machen möchte, braucht man in der Nähe eine leistungsfähige Landwirtschaft, die über die entsprechenden Flächen verfügt. Damit könnte man doch aber das Monopol der Gasversorger brechen?Feicht: Nein, denn wir haben als Biogas derzeit ein Volumen von weniger als einem Prozent, was als Erdgas benötigt wird. Biogas kann 2020, wenn es gut geht, höchstens zehn bis zwölf Prozent des Erdgases ersetzen. Wir müssen uns zudem entscheiden und Schwerpunkte setzen. Wir haben die große Verantwortung für den öffentlichen Personennahverkehr und die Schwebebahn, die wir finanzieren. Unterm Strich haben wir kein Geld mehr, um noch andere Dinge zu finanzieren. Die Aachener Stadtwerke streiten sich derzeit mit RWE, die die Einspeisung von Biogas nicht zulassen wollen. RWE ist auch Ihr Anteilseigner, ist das ein Grund für die Zurückhaltung beim Biogas?Schwarz: Nach dem Energiewirtschaftsgesetz hat die Einspeisung von Biogas Vorrang, und es gibt auch ganz klare technische Richtlinien, unter welchen Bedingungen Biogas eingespeist werden darf. Darum kreiste auch der Streit zwischen den Aachener und RWE. Kritiker behaupten, RWE habe die Standards künstlich hoch gesetzt?Schwarz: Das ist gesetzlich geregelt. Wenn das Gas den festgelegten technischen Qualitätsanforderungen entspricht, dann muss auch RWE die Einspeisung zulassen.

Wir danken für das Gespräch.

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