Interview: Stadtwerke - Regionalisierung gescheitert

Einsam: Die Regionalisierung der Stadtwerke ist kurzfristig nicht möglich, sagt Stadtwerke-Chef Andreas Feicht. Er sucht händeringend Partner.

Wuppertal. Herr Feicht, wie steht es mit der Kooperation mit den Stadtwerken Velbert?

Feicht: Die Stadtwerke Velbert halten das Konzept unserer Neuausrichtung nicht für richtig. Deswegen wollen sie gerne aus der Kooperation aussteigen.

Ist die Kooperation beendet?

Feicht: Nein. Dazu gehören zwei Seiten. Erstens haben wir eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung durch einen Konsortialvertrag und zweitens haben wir zahlreiche gegenseitige Dienstleistungsverträge mit bestimmten Laufzeiten. Und Verträge müssen eingehalten werden.

Wie lange laufen die Verträge, und gibt es Sonderkündigungsmöglichkeiten?

Feicht: Die meisten Dienstleistungsverträge laufen bis 2013. Eine Sonderkündigungsmöglichkeit gibt es nicht. Der Konsortialvertrag läuft unbefristet. Eine Beendigung ist nur möglich, wenn das beide Partner wollen.

Ist es sinnvoll, mit einem Partner zusammenzuarbeiten, der gar nicht mehr will?

Feicht: Deswegen werden wir die Intensität der Partnerschaft überprüfen.

Was heißt das?

Feicht: Wir sprechen beispielsweise über die gegenseitige Entsendung von Vorständen und Geschäftsführern. Wir hätten die Partnerschaft gerne vertieft, aber auch dazu gehören zwei.

Das heißt, dann läuft alles weiter wie bisher?

Feicht: Es läuft erst einmal so weiter wie bisher. Über die Frage des gegenseitigen Entsendungsrechts wird es jedoch Gespräche geben.

Das möchten die Velberter nicht mehr, oder?

Feicht: Ja, aber auch wir sind der Meinung, dass das Entsendungsrecht entfallen kann, wenn man sich über die strategischen Ziele nicht einig ist.

Wo klemmt es? Was sind die strategischen Ziele?

Welche Voraussetzungen?

Feicht: Die Stadtwerke Velbert wünschten zum Beispiel eine Beteiligung an der Holding. Die wollen und müssen wir jedoch rein kommunal halten.

Zusammengefasst: Die Zusammenarbeit mit Velbert klemmt und RWE bringen den vertraglich zugesicherten Teil ihrer Einlagen mit regionalen Partnern nicht ein. Die von Ihnen angestrebte Regionalisierung ist also gescheitert?

Feicht: Die ursprüngliche Regionalisierungstrategie mit unmittelbaren Nachbarn ist kurz- und mittelfristig nicht möglich. Die Voraussetzungen dafür wären die Sacheinlagen von RWE gewesen. Das müssen wir so akzeptieren.

Verträge müssen eingehalten werden, haben Sie gesagt. Wie bekommt man die RWE dazu, ihren Teil der Verträge zu erfüllen?

Feicht: Wenn RWE Verpflichtungen nicht erfüllen, werden wir Alternativen prüfen. Das kann bedeuten, dass wir uns einen anderen Partner suchen.

Und RWE ihre bereits geleistete Einlage von mehr als 120 Millionen Euro zurückzahlen? Sie wollen den Multi also rauskaufen?

Feicht: Ja, allerdings nicht zu dem Preis, der damals bezahlt worden ist, sondern zum aktuellen Marktpreis.

Der wäre wie hoch?

Feicht: Dazu muss der aktuelle Marktwert erst bewertet werden. Die Stadt wird RWE nicht herauskaufen, sondern es wird einen Ersatz durch einen anderen Partner geben.

Sind Sie auf der Partnersuche?

Feicht: Wir beginnen die Partnersuche jetzt.

Haben Sie RWE schon mitgeteilt, was Sie vorhaben?

Feicht: Ja natürlich, wir führen laufend Gespräche mit RWE. Wir hoffen darauf, dass es doch noch eine Lösung mit RWE gibt. Sollte das nicht der Fall sein, dann werden wir die Konsequenzen daraus ziehen.

Sie möchten also nur einen Austausch der Anteilseigner? Hängt das damit zusammen, dass Teile der Gelder, die RWE damals eingebracht hat, für den Ausbau Döppersberg zurückgehalten werden?

Feicht: Die finanziellen Erwägungen sind nicht entscheidend. Wir befinden uns in einem sehr scharfen Wettbewerb und sind der festen Überzeugung, dass wir diesem Wettbewerb nur standhalten können, wenn wir einen strategischen Partner haben. Die Rekommunalisierung der Stadtwerke wäre der falsche Weg.

Erwarten die RWE derzeit eine Verzinsung ihrer Geldeinlage?

Feicht: RWE erwartete von Anfang an eine Verzinsung ihrer Geldanlage, sonst hätten sie sich nicht beteiligt.

Ist die Höhe akzeptabel?

Feicht: Der Wert basiert auf den 2001/2002 geltenden Markterwartungen. Heute sind diese Erwartungen nicht mehr zu erfüllen, weil die Gewinne in der gesamten Versorgungsbranche sinken.

Das heißt, sie diskutieren derzeit mit RWE darüber, wie hoch die Verzinsung der Kapitaleinlage ist? Gibt es Differenzen?

Feicht: RWE hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Dividende. Sie haben einen Anteil am Unternehmenserfolg, und dementsprechend erhöht oder reduziert sich die Dividende. Jeder Aktionär, dazu gehört auch die Stadt, wird sich mit der Marktentwicklung abfinden müssen.

Sind die Gewinne im vergangenen Jahr gesunken?

Feicht: Der Jahresabschluss steht noch nicht, aber wir werden ein gutes Ergebnis haben. Es geht mehr um die Perspektive der nächsten fünf Jahre.

Mit welchen Ergebnissen rechnen Sie in diesen fünf Jahren?

Feicht: Wir rechnen mit einer Reduzierung der Gewinne, bis September erarbeiten wir eine neue Unternehmensprognose.

Haben sämtliche Gremien dem Beschluss der Neuausrichtung der Stadtwerke zugestimmt?

Feicht: Ja, der Stadtrat und der Aufsichtsrat im September 2006, aber im August wird noch eine Hauptversammlung tagen. Das ist aber im Projektplan so vorgesehen.

Könnten RWE den Beschluss torpedieren?

Feicht: RWE könnte gewisse Entscheidungen blockieren.

Wie viele Anteile haben RWE an den Stadtwerken?

Feicht: 18,5 Prozent.

Die RWE könnten also die Neuausrichtung auf Eis legen?

Feicht: Das ist richtig. Umgekehrt werden wir uns keinem Druck beugen. Wir bevorzugen eine Lösung mit einem strategischen Partner, mit dem wir die Zukunft gestalten möchten.

Wann haben Sie diesen Partner?

Feicht: Im Laufe dieses Jahres wollen wir fündig werden.

Sie sind unter Druck, oder?

Feicht: Nein, wir werden uns keinem Zeitdruck beugen. Sollte bis zur Hauptversammlung keine Lösung in Sicht sein, dann werden wir diese Entscheidung eben später treffen.

Aber Sie sind doch in der Zwickmühle. Ihre Erträge sinken, Sie haben einen gierigen Anteilseigner und Sie müssen das Defizit im Personennahverkehr bezahlen.

Feicht: In dieser Zwickmühle befinden sich alle kommunalen Stadtwerke. Wir müssen unsere Verbesserungsmaßnahmen entwickeln und umsetzen. Da ist keine Zeit zu verlieren. Aber wir müssen in Ruhe einen neuen Partner suchen, unter Zeitdruck verhandelt es sich immer schlecht.

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