Gemüse-Connection: „Onkel Mehmets“ zweiter Ausweis

Morgen werden im Prozess gegen einen Ex-Abteilungsleiter im Ausländeramt und einen türkischstämmigen Gemüsehändler die Urteile erwartet. Der Fall birgt Kuriositäten.

Ganz klar: Der Fall ist ein handfester Skandal. Von 2007 bis 2009 sollen der langjährige Abteilungsleiter im Wuppertaler Ausländeramt, Michael W. (57), und ein als "Onkel Mehmet" (54) bekannter Gemüsehändler gegen Schmiergeld an türkische Staatsangehörige Aufenthaltsgenehmigungen regelrecht verkauft haben. Die beiden Angeklagten sind auch im Prozess geständig. Am morgigen Donnerstag werden die Plädoyers und Urteile erwartet.

Die Verteidiger des Gemüsehändlers haben vor Prozessbeginn in einem Gespräch mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft bereits über das zu erwartende Strafmaß gesprochen. Vier bis fünf Jahre Haft stehen seither im Raum. Die Verteidigung des Amtsrats W. hat das bislang anders beurteilt.

Fakt ist: Die Gemüse-Connection ist nicht nur ein Skandal, sondern auch eine Sammelsurium von Kuriositäten. Ein Beispiel: Wie die Staatsanwaltschaft bestätigt, ist im Zuge von "Onkel Mehmets" Verhaftung im Dezember vergangenen Jahres ein türkischer Ausweis, ausgestellt auf den Namen des Gemüsehändlers, gefunden worden. Yener Sözen, einer der Verteidiger des 54-Jährigen, bestätigt, dass die Wuppertaler Ausländerbehörde dem Händler deswegen die deutsche Staatsangehörigkeit entziehen will. Ausgerechnet dem Mann, der gestanden hat in Komplizenschaft mit einem langjährigen Abteilungsleiter der Behörde für 130.000 Euro Schmiergeld Aufenthaltstitel für türkische Landsleute in Deutschland organisiert zu haben.

Nach WZ-Informationen argumentiert das Wuppertaler Ausländeramt mit der im Fall "Onkel Mehmet" nicht zulässigen doppelten Staatsbürgerschaft. Verteidiger Sözen erklärt die Existenz des türkischen Ausweispapiers für seinen Mandanten so: Der 54-Jährige, der nach eigenen Angaben seit 1970 in Wuppertal lebt und seit zehn Jahren einen deutschen Pass hat, habe ein Papier beantragt, um seine Herkunft aus der Türkei belegen zu können. Das sei für Behördengänge in der Türkei üblich und hilfreich. Irrtümlich sei "Onkel Mehmet" dann aber ein türkischer Ausweis geschickt worden.

Fakt ist: Der Fall des zweiten Ausweises ist mittlerweile beim Verwaltungsgericht anhängig, weil "Onkel Mehmet" gegen den Beschluss des Ausländeramts klagt. Der Gemüsehändler will offenbar Deutscher bleiben.

Die Staatsanwaltschaft wiederum sieht sich angesichts des zweiten Ausweises darin bestärkt, bei dem Gemüsehändler Fluchtgefahr anzunehmen. Wie berichtet, gehen die Ermittler davon aus, dass "Onkel Mehmet" in der Türkei Immobilien besitzt. Deswegen befindet sich der 54-Jährige noch immer in U-Haft - trotz des Geständnisses. Der ebenfalls geständige Amtsrat W. ist gegen Auflagen längst wieder auf freiem Fuß.

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