Einzelhandel „Der Kleiderladen“ in Remscheid arbeitet im Akkord

Remscheid · Weniger Geld in der Tasche: Immer mehr Menschen kaufen Secondhand-Kleidung.

Bärbel Förster, Milica Klaijc und Elvira Ulwig kümmern sich.

Bärbel Förster, Milica Klaijc und Elvira Ulwig kümmern sich.

Foto: Doro Siewert

Im Kleiderladen an der Rosenhügeler Straße geht es an diesem Vormittag zu wie in einem Taubenschlag. Es herrscht rege Betriebsamkeit: Mitarbeiterin Melica Klaijc trägt Kartons mit diversen Haushaltswaren und Bekleidung in das Lager. Ihre Kollegin Elvira Ulwig steht an der Kasse, wo sie die Besucher mit einem freundlichen Lächeln begrüßt, während sich Bärbel Förster fürsorglich um die Beratung der Kunden kümmert, die sich im Geschäft nach Bekleidung und sonstigen Artikeln aus zweiter Hand umsehen. „Wir arbeiten hier seit einigen Monaten wie im Akkord“, erklärt Bärbel Förster. Sie stellt eine deutlich gestiegene Nachfrage fest.

Das Geschäft im Südbezirk ist einer von drei Kleiderläden, die der Kinderschutzbund in Remscheid betreibt. Die drei Helferinnen sind Teil eines etwa 15-köpfigen Teams. Sie spüren bei ihrem Einsatz die Folgen des Weltgeschehens. Seit März kaufen Familien aus der Ukraine bei ihnen ein, die sich direkt nach ihrer Ankunft in Remscheid an das Geschäft wenden konnten. Zudem führen die wachsende Inflation und die explodierenden Energiekosten dazu, dass sich generell immer mehr Menschen mit Secondhand-Waren eindecken. „Manche Kunden haben sich vorher im Einzelhandel umgeschaut und festgestellt, wie stark die Preise gestiegen sind. Und wenn dem Kind der Anorak nicht mehr passt, kommen die Eltern nun eben zu uns“, beschreibt Bärbel Förster das wachsende Interesse an dem Angebot. Dabei gebe es immer etwas Neues zu entdecken. Denn: Auf der einen Seite sei der Bedarf gestiegen, auf der anderen Seite die Bereitschaft weiterhin groß, aussortierte Sachen in dem Geschäft abzugeben. „Wir nehmen eigentlich alles an – außer Möbel“, erklärt Bärbel Förster, die mit ihren Mitstreiterinnen täglich das Schaufenster neu dekoriert – und somit die Kunden immer wieder auf Neuzugänge aufmerksam macht.

Etliche kommen schon seit Jahren in die Anlaufstelle, wo die Mitarbeiterinnen für sie längst zu Vertrauten geworden sind. „Wir nehmen Anteil, wenn der Papa krank geworden ist, wenn ein Kind zur Welt kommt“, schildert Bärbel Förster den Beistand, den sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen spendet. „Wir lieben unser Lädchen“, sagt sie. Für den Kinderschutzbund ist es eine wertvolle Einnahmequelle: „Alle Läden werfen für uns etwas ab, wodurch wir Angebote finanzieren können“, erklärt der Vorsitzende Karl-Richard Ponsar über die drei Geschäft, die noch eine weitere Funktion erfüllen: „Es geht hier auch um Nachhaltigkeit“, fügt er mit Blick darauf hinzu, dass die Sachspenden nicht im Abfall landen, sondern weiter verkauft werden.

Aber nicht in jedem Fall klappt das: Etwa die Hälfte der Bekleidung, die abgegeben wird, sei in einem Zustand, der für die Kundschaft nicht zumutbar ist. Die Textilien werden aussortiert und landen bei einem Verwerter. „Aber nach wie vor erhalten wir auch immer wieder Markenartikel“, erklärt Bärbel Förster, die mit ihren 69 Jahren längst noch nicht ans Aufhören denkt.

„Schon von Kindheitstagen an wollte ich für Menschen da sein und habe lange in der Pflege gearbeitet. Und wenn ich fit und gesund bleibe, mache ich weiter, bis ich 80 bin.“

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