Anrath: Stolze Störche an der alten Mühle

Meisteradebar: Pionier-Pärchen bei Anrath hat Nachwuchs bekommen.

Anrath. Stolz thront der Storch auf seinem Horst. Der Vogel im besten Alter ist gerade Papa geworden. An seinen Füßen wuseln im Korb zwei niedliche Jungen. Eines ist letzte Woche geschlüpft, das andere hat sich erst vor wenigen Stunden durch die Schale ans Tageslicht gepikst.

Während Papa-Storch auf dem umgewidmeten alten Telegrafenmast an der Clörather Mühle bei Viersen Wache schiebt, ist Mama unterwegs in Sachen Familienernährung. Alle paar Stunden wechseln die Tiere sich ab - ein natürlicher Kreislauf.

Die Storchen-Idylle hat es in dieser Niersniederung mindestens 100 Jahre nicht mehr gegeben. "Der Weißstorch brütet wieder im Kreis Viersen", verkündete Reinhard Bräutigam vor zwei Monaten. Der Landschaftsplaner beim Kreis Viersen hatte ein wenig erstaunt festgestellt, dass ein Pärchen die erst vor einem Jahr in einer Gemeinschaftsaktion von Naturschutzbund, Biologischer Station und Kreis installierte Nisthilfe an der Clörather Mühle zwischen Süchteln und Anrath besetzt hatte. "Ein großer Erfolg für den Naturschutz."

Im Rahmen der Umsetzung des Landschaftsplanes hat der Kreis in den letzten 15 Jahren in dem 328 Hektar großen Naturschutzgebiet Salbruch eine Oase geschaffen, die ein Paradies ist für zufriedene Kühe, Haubentaucher, Gänse - und jetzt Störche.

Die Tiere fühlen sich in dem Biotop mit Kleingewässern, Blänken, Kopfweiden, Feuchtwiesen und naturnahen Uferstreifen sichtlich wohl. Zur Erinnerung: Das letzte Brutvorkommen von Störchen im Kreis Viersen wurde 1895 in Neersen festgestellt.

Am Mittwoch bekam Reinhard Bräutigam einen Hinweis, dass die Störche im Clörather Bruch Nachwuchs bekommen hätten. Sofort fuhr der Ingenieur von seinem Büro im Kreishaus ins Salbruch und erspähte tatsächlich ein schlankes weißes Hälschen, das sich über den Rand des Korbs in acht Metern Höhe reckt, wenn Mama oder Papa mit Frischfutter wedeln. "Meine Söhne haben sogar schon mehrere Köpfchen gesehen", sagt Carla Mertens, die die Clörather Mühle 100 Meter von der Nisthilfe entfernt bewohnt.

Sowohl die Anwohner als auch die Naturschützen haben jetzt den Wunsch: dass Spaziergänger und Radler die sensiblen Tiere in Ruhe lassen und das junge Glück aus der gebotenen Distanz betrachten. Im Zuge eines Euroga-Projektes ist 2002 in sicherer Entfernung ein Aussichtspunkt geschaffen worden, von dem aus das rege Treiben im Nest bei etwas Geduld beobachtet werden kann.

Ein zweiter Wunsch geht vielleicht noch in diesem Sommer in Erfüllung: dass die Störche auch die anderen Nisthilfen in Grefrath in der Grasheide, bei Burg Uda und in Mülhausen annehmen und auf Familie fliegen.

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