Velbert: Zeitwende in der Warenwelt

Velbert-Neviges. Wenn Frank Büttgen am Samstagmittag endgültig die Türen seiner Edeka-Filiale schließt, geht an der Elsbeeker Straße nach 41 Jahren eine Ära zu Ende. Viele Kunden nehmen mit Wehmut Abschied von dem kleinen Lebensmittelladen, der zugleich Begegnungsstätte und Treffpunkt des Ortsteils war.

Zwölf Tage müssen sich die Bewohner von Rosenhügel und Siepen anderweitig behelfen, dann eröffnet am 27. August 600 Meter weiter auf dem alten Ziegeleigelände der neue Edeka: dreimal größer, mit erheblich vielseitigerem Sortiment - aber halt längst nicht so familiär wie der alte Laden, glauben viele Stammkunden.

An der Elsbeeker Straße klaffen schon riesige Lücken in den Regalen: Seit Freitag gibt es auf alles 20 Prozent Rabatt. Was noch übrig ist, steht akkurat sortiert wie eh und je in den Fächern. "Mir tut es in der Seele weh", kommentiert Ute Maul den Räumungsverkauf. Sie wohnt an der Titschenhofer Straße.

Entfernungsmäßig macht es keinen Unterschied, ob sie zum alten oder neuen Geschäft geht, gefühlsmäßig liegen für sie indessen Welten zwischen beiden Standorten: "Hier trifft man sich, hier kennt man sich." Für viele Bewohner der nahen Altenwohnungen sieht die Nevigeserin dagegen ein praktisches Problem, den erheblich längeren Weg zum neuen Geschäft zu bewältigen.

Auf Dauer wäre das Geschäft jedoch nicht zu halten, sagt Inhaber Frank Büttgen. Zwar gelang es dem Nevigeser, der die Filiale 2001 übernahm, den Umsatz seither nach eigenen Angaben zu verdoppeln. Allerdings besitzt das Ladenlokal, das 1968 als Nahversorger für die aufstrebende neue Siedlung seine Pforten öffnete, gerade einmal 400 Quadratmeter Verkaufsfläche - nach heutigen Maßstäben viel zu klein für eine dauerhaft rentable Betriebsführung.

Das beginnt bei der Anlieferung - "Die üblicherweise eingesetzten Lastzüge können uns gar nicht anfahren. Das gäbe Chaos auf der Straße", so Büttgen - setzt sich fort beim Lager im Keller, aus dem die Waren zeit- und kostenintensiv mittels Aufzug ins Ladenlokal gebracht werden müssen, reicht bis zu den für heutige Verhältnisse unterdimensionierten Regalen.

Ein Stück Kontinuität bleibt indessen gewahrt. Während Büttgen eine neue Aufgabe bei Edeka übernimmt, wechselt fast seine gesamte Belegschaft ins neue Geschäft: "Natürlich tut es weh, nach 33 Jahren hier aufzuhören", sagt Kassiererin Sieglinde Jung, die die meisten Kunden mit Namen kennt. Sie ist andererseits sehr froh, weiterhin einen Job zu haben, noch dazu in der Nähe. Wie wichtig den Kunden das angestammte Personal ist, haben Carsten Thiel und Ehefrau Tatjana, die den neuen Edeka-Laden leitet, bereits durch einen Brief erfahren: "Der Kunde hat uns sehr ans Herz gelegt, das vertraute Personal von der Elsbeeker Straße zu übernehmen" berichtet der Kettwiger schmunzelnd.

Sein Schreibtisch ist bislang ein Provisorium, und auch im Ladenlokal haben die Handwerker noch gut zu tun. Installationsmaterial liegt am Eingang, Kabel warten auf ihren Anschluß, und in einer Ecke arbeiten Fliesenleger. Ein Teil der Regale ist bereits aufgebaut, auch die Kühltheken sollen in den nächsten Tagen langsam hochgefahren werden, so Thiel.

Seine Frau dirigiert derweil eine ganze Truppe von Helfern, die Waren aus dem Lager heranschaffen und in die schon stehenden Regale einsortieren: Auf 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche wird das Sortiment um einiges weiter gefaßt sein als im Laden an der Elsbeeker Straße. Ein Schwerpunkt wird laut Thiel die Frischeabteilung, zum einen Obst und Gemüse, zum anderen Fleisch, Wurst und Käse. Außerdem soll es täglich frischen Fisch geben, sagt Thiel - ein Angebot, das in Neviges bislang nur auf dem Wochenmarkt zu finden war.

Dass viele ältere Kunden vom Rosenhügel wenig erbaut über den für sie nun um einiges weiteren Weg sind, kann Thiel verstehen. Am alten Standort, das bestätigt Frank Büttgen, sei eine Erweiterung oder gar ein Neubau indessen nicht möglich gewesen.Thiels Geschäft wird daher einen Hauslieferservice bieten: "Damit haben wir schon in unserem Geschäft in Oberhausen sehr gute Erfahrungen gesammelt", so der 39-Jährige.

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