Ratingen: Der Fluglärm eint die Parteien

Die Entwicklung des Flughafens ist gleichbedeutend mit dem Schutz der Bürger: Darin sind sich alle Fraktionen einig.

Ratingen. Eigentlich ist ja Wahlkampf. Seit Wochen wird geschimpft und debattiert, zum Rundumschlag ausgeholt und nachgetreten. Wie gesagt: eigentlich. Denn es gibt ein Thema, das alle Fraktionen und alle vier Bürgermeisterkandidaten eint. Dieser Schulterschluss hat einen Namen: Fluglärm.

"Ja zum Flughafen. Aber nicht zulasten der Gesundheit": So könnte der Slogan heißen, den sowohl Ratingens amtierender Bürgermeister Harald Birkenkamp als auch seine Herausforderer Christian Wiglow (SPD), Stephan Santelmann und Manfred Evers (Linke) sofort unterschreiben würden. Sie alle sind für den Wirtschaftsfaktor Flughafen, hadern aber mit den Expansionsplänen und sehen die Belange der Anwohner vernachlässigt, die tagtäglich unter dem Lärm der Flugzeuge leiden.

"Das Problem ist nicht die vom Flughafen angestrebte Wirtschaftlichkeit, sondern, dass sie immer an die erste Stelle gesetzt wird", sagt Bürgermeister Harald Birkenkamp. "Dabei ist medizinisch nachgewiesen, wie wichtig die Nachtruhe ist." Er vergleicht das Fluglärm-Problem mit der CO-Pipeline. Die Entscheidungsträger in der Landesregierung handeln nach denselben Prinzipien: Ausschlaggebend sei die Wirtschaftlichkeit, und danach komme ganz lange nichts.

"Auch wenn wir mit unseren Klagen vor Gericht schon zweimal gescheitert sind: Unsere Aufgabe als Stadt muss es bleiben, penetrant nachzuhaken", so Birkenkamp. Auch darüber, ob Ratingen nicht doch der EU-Beschwerde des Vereins "Bürger gegen Fluglärm" beitreten kann, müsse im Rahmen der Fluglärmkommission noch mal nachgedacht werden. Als Stadt habe Ratingen zwar praktisch keine Handlungsmöglichkeiten in Sachen Fluglärm, "aber vielleicht finden wir ja einen neuen Ansatzpunkt".

"Das Glas ist randvoll", sagt CDU-Kandidat Stephan Santelmann. Auch für ihn ist die Entwicklung des Flughafens gleichbedeutend mit dem Schutz der Bürger. Alle Beteiligten müssten an einem Strang ziehen, "denn alleine kann hier niemand etwas ausrichten". Santelmann fordert, die Umsetzung des Angerland-Vergleichs restriktiv umzusetzen und diese Umsetzung zu kontrollieren. Es könne nicht sein, dass es ständig Ausnahmeregelungen gebe - etwa für Homecarrier, also Gesellschaften, die in Düsseldorf ihre Basis haben. "Außerdem bin ich dafür, dass Lärmmessungen künftig von unabhängigen Fachleuten vorgenommen werden."

"Dass der Flughafen als Standortfaktor wichtig ist, ist unstrittig", sagt auch der SPD-Kandidat Christian Wiglow. Aber ständig von einem internationalen Drehkreuz zu sprechen und den Angerland-Vergleich mit Füßen zu treten, "das kann’s nicht sein". Vielmehr gebe es Spielregeln zum Wohle der Bürger, "für deren Einhaltung wir im Rat die Verantwortung haben". Bisher würden Regeln aufgeweicht und Verstöße - wenn überhaupt - kaum geahndet. So seien zum Teil Strafen von sage und schreibe 30 Euro ausgesprochen worden.

"Erst kürzlich haben die Erzieher mehr Geld erstritten, weil der Lärm in einer Kita oft über Gebühr laut ist - zu Recht", findet Manfred Evers von der Ratinger Linke. "Flugzeuglärm wird dagegen als gegeben hingenommen." Natürlich profitiere Ratingen vom Flughafen. "Und das soll auch so bleiben." Aber schließlich hätten sich viele Unternehmen ausschließlich deswegen angesiedelt. "Daher könnte die Stadt doch einen Teil der anfallenden Gewerbesteuer zweckgebunden einsetzen, zum Beispiel für den Lärmschutz."

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