Ratingen: Betrug - Millionenschaden bleibt an der Stadt hängen

Bauamtsskandal: Ratingen ist gegen Fahrlässigkeit im eigenen Haus versichert – doch die Deckungssummen sind viel zu niedrig.

Ratingen. Der Betrugsskandal im Hochbauamt wird die Stadt teuer zu stehen kommen. Neben dem Imageschaden, der mit der Aufdeckung der kriminellen Machenschaften entstanden ist, ist derzeit zu befürchten, dass die Stadt auch materiell auf einem großen Teil des Schadens sitzenbleiben wird. Denn die Versicherungen, die die Stadt für eigene Schäden abgeschlossen hat, decken nur Bruchteile ab - wenn überhaupt.

Nachdem der Betrugsfall ruchbar geworden war, kam zwangsläufig die Frage auf, ob und wie der finanzielle Schaden begrenzt werden könne. Daraufhin hat das Rechtsamt den aktuellen Versicherungsschutz in der so genannten Vermögenseigenschadenversicherung überprüft. Das Ergebnis: Für fahrlässig oder mit Vorsatz begangene Dienstpflichtverletzungen besteht Versicherungsschutz mit einer Deckungssumme von 125000 Euro. Für Bürgermeister und Beigeordnete besteht eine Zusatzdeckung von 375000 Euro. Schäden, die das Vermögen der Stadt belasten, sind also maximal mit einer halben Million Euro versichert.

Das reicht bei weitem nicht für den jetzigen Betrugsfall, bei dem nach aktuellem Stand rund 2,5Millionen Euro aus der Stadtkasse für fingierte Rechnungen gezahlt wurden. Ist die Stadt unterversichert? "Versicherungen sind ähnlich wie ein Roulettespiel", sagt Rechtsdezernent Dirk Tratzig.

Höhere Versicherungssummen bedeuten automatisch auch höhere Prämien. So würde eine Erhöhung der Deckungssumme um eine Million Euro einen jährlichen Mehrbetrag von 90000 Euro bedeuten. Anders gerechnet: Nach elf Jahren hätte die Stadt nahezu so viel an Prämien gezahlt, wie sie im einem Schadenfall ersetzt bekäme.

Außerdem seien solche Summen, wie sie derzeit im Raum stehen, bei normalen Versicherern gar nicht abzudecken. Tratzig: "Und welches Signal gäbe man damit den Mitarbeitern? Das hieße doch, man traue ihnen nicht, und andererseits wären Betrügereien gar nicht so schlimm, weil man ja versichert ist. Das wäre die falsche Botschaft."

Derweil versucht die Stadt mit Hilfe von Experten bei der Staatsanwaltschaft, an die Vermögenswerte des betrügerischen Hochbauamtsmitarbeiters zu kommen und sie sich zurückzuholen. Wann dem Beschuldigten der Prozess gemacht wird, steht noch nicht fest. Bei der Staatsanwaltschaft geht man von Herbst aus. Sprecher Johannes Mocken: "Die Ermittlungen sind jetzt auf der Zielgeraden. Dann muss alles zügig gehen, sonst gibt es Probleme mit dem Haftbefehl."

Der Haftbefehl ist nach wie vor gültig, auch wenn der mutmaßliche Täter nicht mehr in Untersuchungshaft sitzt. Eine erste Schlappe hat der fristlos gekündigte Mitarbeiter übrigens schon einstecken müssen. Er hatte nicht nur gegen seine Kündigung Klage gegen die Stadt eingereicht, sondern auch noch die Nachzahlung seines Gehalts gefordert. Beim Gütetermin vor Gericht soll er dafür kräftig abgewatscht worden sein.

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