Joachim Gauck zog Zuhörer in Bann

Lesung im ausverkauften Oberschlesischen Landesmuseum.

Hösel. Derart prominenten Besuch hat man nur selten in Ratingen und so war auch die Aufregung groß beim Kulturkreis Hösel, als am Samstagabend Joachim Gauck im Haus Oberschlesien aus seinen Erinnerungen las. Aber: „Die Freude ist größer als die Aufregung“, versicherte Regine Walther, die stellvertretende Vorsitzende des Kulturkreises in ihrer sehr persönlichen Begrüßung.

Wie zu erwarten war das Oktagon des Hauses Oberschlesien mit 200 Besuchern — überwiegend Mitgliedern des Kulturkreises — voll ausverkauft. Und es herrschte die meiste Zeit über gespannte Stille, so dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. So sehr zog Gauck sein Publikum von den ersten Worten an, bis zuletzt, in seinen Bann.

Bei einem so bewegten Leben überrascht es nicht, dass Gauck etwas zu sagen hatte: Als evangelischer Pastor in der DDR hatte er sich in der Bürgerrechtsbewegung engagiert, wurde nach der Wende erster Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen-Behörde und trat 2010 für das Amt des Bundespräsidenten an.

Doch als Buchautor betrat er 2009 wirkliches Neuland. Dem brillanten Redner Gauck war das Schreiben völlig fremd, wie er unumwunden zugab. Mithilfe seiner guten Freundin und Co-Autorin Helga Hirsch gelang es ihm doch, die Erinnerungen an sein bewegtes Leben aufzuschreiben:

Aus dem Ergebnis „Winter im Sommer — Frühling im Herbst“ las er nun lange Passagen vor und zeigte sich auch auf diesem Gebiet als echter Könner. Betont und pointiert las er und verlieh dem Text mit seiner eher spröden Sprache eine zusätzliche menschliche Dimension.

Immer wieder unterbrach er den Vortrag für Erläuterungen und Ergänzungen und gab so weitere intime Einsicht in seine Gedanken. Und die Besucher konnten den einleitenden Worten von Regine Walther schließlich nur zustimmen: „Herr Gauck ist wirklich genau so, wie man denkt!“

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