Fremde im Wohnzimmer

Britta Neumärker hat an der Mittelstraße ein Atelier eröffnet — eine Idee mit Hemmschwelle.

Hilden. Ein Teddybär mit blauem Schal sitzt auf einer Kiste voller Farbtuben, Stoffbahnen und Becher mit Pinseln. Die Mitte des Altbauzimmers an der Mittelstraße nimmt ein quadratischer Arbeitstisch ein, es riecht nach Frühstückskaffee: Das Atelier Pilbri wartet auf Gäste.

„Es ist verdammt schwer, Leute in die erste Etage zu ziehen. Das habe ich unterschätzt“, sagt Britta Neumärker. Im Januar ist die Künstlerin in ihr neues Hildener Atelier eingezogen. Seither markieren gegenüber von St. Jacobus gelbe und rote Quadrate den Weg in ihren Arbeitsraum.

Die 43-Jährige nennt ihre Räume eine „Mini-Kulturstätte“: Malkurse und Kinderaktionen bietet sie ebenso an wie Lesungen im Erkerzimmer. „Vielleicht machen wir auch mal Musik. Man kann alles schnell umräumen“, sagt Neumärker. Mit Vielfalt im Angebot wolle sie die Nachfrage steigern.

Die Leute hätten Scheu, die fremden Räume zu betreten, vermutet Neumärker: „Man weiß nicht, wie seriös es ist.“ Einen Aufsteller hat sie vor dem Haus platziert, aber ihre Flyer habe sie bei einigen Geschäfte nicht unterbringen können.

Aus ihrer früheren Ateliergemeinschaft in Erkrath sei sie wegen des Platzes ausgezogen: „Wir hatten ein Lagerproblem“, sagt Neumärker. Die neuen Räume böten genug Fläche, hätten sie sofort überzeugt — und die Mittelstraße sollte ihr Laufkundschaft bringen.

Tragen muss sich das Atelier allerdings vom Kundenstamm. Firmen mieten ihre am Computer bearbeiteten so genannten Fotografiken, ein Auftraggeber ließ eine Kalenderedition mit ihren Bildern gestalten.

Auf die Idee, Fotos zu verändern, kam sie nach einem verregneten New-York-Aufenthalt: „Das auf den Fotos hätte auch Frankfurt sein können.“ Sie vertauschte die Farben auf Aufnahmen von Sehenswürdigkeiten, baute Seilbahnen, Wolkenkratzer und Brücken in ihre Fotos ein: „Ich will Fotografien so verändern, dass sie wieder zum Bild werden.“

Die Stofftiere braucht die Künstlerin für Kindermalkurse. „Die Kinder sollen sich wohlfühlen“, sagt Neumärker. Die Beschäftigung mit den Bildern solle Freiheiten geben: „Da sagt keiner: ‘Der Baum muss jetzt aber so sein’. Wir malen wie ein echter Künstler.“ Vorbild für Techniken und Materialien seien oft große Meister, aber was im Kurs daraus entstehe, sei kreativ.

Zum Atelier gehört das „Mini-Kulturprogramm“: Zu Wohnzimmerlesungen nehmen Autoren auf dem wolkenförmigen, blauen Stuhl in Neumärkers Wohnungserker Platz. Rund 20 Zuhörer passen auf die Sofas und Klappstühle. „Ältere gehen gern zu Lesungen“, stellt Neumärker fest. Die Lage in der ersten Etage sei dabei allerdings wieder ein Handicap.

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