Flüchtlinge an Weihnachten: Fast wie eine große Familie

In der Erkrather Hauptschule sind 30 Flüchtlinge untergebracht. Sie feiern an Weihnachten gemeinsam.

Flüchtlinge an Weihnachten: Fast wie eine große Familie
Foto: Dietrich Janicki

Erkrath. Es ist noch gar nicht lange her, da war die Albert-Schweitzer-Schule um diese Jahreszeit menschenleer. Lehrer und Schüler ausgeflogen, langweilige Bücher, noch langweiligere Hausaufgaben und Zeugnisse — alles weit weg. Die Klassenräume verwaist, auf den Tafeln noch der letzte Spruch aus der letzten Stunde vor Weihnachten: „Schöne Ferien“. In diesen Tagen ist alles anders. Die Hauptschule ist längst geschlossen, es gab in den vergangenen Jahren immer weniger Schüler an der Freiheitstraße.

In der ehemaligen Lehrküche für die Hauptschüler steht Matilda (* Name von der Redaktion geändert) am Herd. Die alleinerziehende Mutter von fünf Kindern lebt seit fünf Monaten in der ehemaligen Schule und bereitet das Mittagessen vor. Matilda hat ihren eigenen Herd, ihre eigene Spüle, ihre Fächer im Kühlschrank. Wenn die Kinder ihre Sachen dreckig gemacht haben — im Flur stehen Waschmaschine und Trockner bereit. In der Lehrküche ist viel Platz, nebenan stehen weitere vier „Kochinseln“, an denen die übrigen Familien Essen zubereiten. „Ich bin froh, dass wir die Sachen noch hier haben“, sagt Gerhard Petzinna.

Der gelernte Maler ist seit Jahren Hausmeister und so was wie die gute Seele der Schule. Seit einigen Wochen bringt die Stadt Erkrath Flüchtlingsfamilien in der ehemaligen Hauptschule unter. Die Stadt hat erkannt, das Gebäude eignet sich besonders gut dafür. Es ist fast alles da, was man braucht. Die großen Klassenräume sind mit Raumteilern getrennt worden, so sind kleinere Wohneinheiten mit so etwas wie einem Wohn- und Schlafzimmer entstanden in denen ausschließlich Familien mit Kindern leben.

Alleinstehende Flüchtlinge werden in den anderen Unterkünften etwa an der Hochdahler Straße untergebracht. Gerhard Petzinna wohnt auf dem Gelände in seiner Dienstwohnung und ist immer da, wenn man ihn braucht. „Ich bin ja selbst früher hier zur Schule gegangen“, sagt Petzinna. Seine Handynummer wurde schon in einschlägigen Internet-Foren veröffentlicht. Die Erkrather wissen: Wenn sie etwas für die Flüchtlinge spenden wollen, sind sie bei Gerhard Petzinna an der richtigen Adresse. Ob Bettwäsche, Kinderkleidung, Fernseher, Radio oder Lebensmittel — Petzinna leitet alles an die Flüchtlinge weiter. Ein gespendeter Fernseher steht auch im Aufenthaltsraum. Es gibt eine kleine Stereo-Anlage, ein paar Brettspiele für die Kinder und einen beleuchteten Weihnachtsbaum. Die Tische haben Tischdecken, es gibt ein paar Kerzen. Wahrscheinlich wird an Heiligabend der Fernseher laufen, irgendwer wird Kaffee kochen und vielleicht hat auch jemand einen Kuchen gebacken. Vielleicht reden die Kinder schon die ersten Sätze auf Deutsch miteinander. Sie gehen in die Schule und lernen schnell die Sprache. „Das klappt gut, die werden jeden Tag besser“, sagt Petzinna. Wer nicht miteinander reden kann, weil es Schwierigkeiten mit der Verständigung gibt, wendet sich an Sedat Hasan.

Er kommt aus dem ehemaligen Jugoslawien und spricht außer gut Deutsche viele andere Sprachen. Ein paar Brocken Russisch, Albanisch, verschiedene Roma-Dialekte, kroatisch und dann zählt er noch ein paar Sprachen auf, die er auch irgendwie drauf hat. Es ist auch nicht so wichtig. Man verständigt sich, irgendwie. „Heiligabend werden wir alle gemeinsam hier sitzen“, sagt Hasan. Er ist Muslim, feiert kein Weihnachten. Doch es geht um die Gemeinsamkeit, das e Helfen, das Unterstützen. Auch in der Schule. Bald wird die neue Dusche kommen. Dazu müssen Fenster und Heizungen ausgebaut werden, damit der neue Sanitär-Container mit dem Gebäude verbunden werden kann.

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