Düsseldorf Kafkas Käfer und das Klischee im Kopf

Regisseur Alexander Müller-Elmau inszeniert „Die Verwandlung“ im Schauspielhaus und schafft dazu auch die Bilder auf der Bühne.

Düsseldorf: Kafkas Käfer und das Klischee im Kopf
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Ein riesiger Krabbelkäfer auf der Bühne? Nein, so geht es nicht. Diese Antwort stand fest für Alexander Müller-Elmau. Kafkas „Verwandlung“ und damit die Figur des Gregor Samsa, der eines Tages als riesiges Insekt erwacht, ist die aktuelle Inszenierung für den 53-jährigen Regisseur und Bühnenbildner.

Düsseldorf: Kafkas Käfer und das Klischee im Kopf
Foto: Sebastian Hoppe

Mal wieder Kafka. Mal wieder all die Klischees im Kopf: absurd, alptraumhaft, verfolgt und verloren in der Gesellschaft. Mit diesen Gedanken ging es los. Für das Düsseldorfer Schauspielhaus und die Rheinoper hat der in München lebende Theatermann bereits „Amerika“ und „Das Schloss“ auf die Bühne gebracht. Jetzt „Die Verwandlung“, Premiere ist am Donnerstag im Kleinen Haus. „Das ist Abiturstoff“, sagt er ganz pragmatisch.

Müller-Elmau ist kein Selbstdarsteller, bodenständig klingt es, wenn er von seiner Frau, der Sängerin Julia von Miller, und den beiden Töchtern erzählt. Seine eindrucksvolle und hochgelobte Produktion „März, ein Künstlerleben“, die seit vergangener Spielzeit im Kleinen Haus läuft, beschreibt er mit den Worten: „Da ist einiges gut zusammengekommen.“ Das Düsseldorfer Theater kennt er lange, schon sein Vater Raidar Müller-Elmau hat unter dem damaligen Intendanten Günther Beelitz gespielt. Nach der Schule hat der Sohn in den Werkstätten ein Praktikum machen dürfen. Er ging zum Studieren nach Köln an die Kunsthochschule und nach München. Die Verbindung mit Beelitz ist über die Jahre geblieben.

In insgesamt vier Produktionen kann man zurzeit die Handschrift von Müller-Elmau studieren: als Bühnenbildner in „Kreise/Visionen“ und „Gift. Eine Ehegeschichte“, Regie und Bühne liegen bei „März“ und „Verwandlung“ in seinen Händen. Zwei Rollen, die für ihn besser zusammen als getrennt funktionieren. „Habe ich eine szenische Phantasie, arbeite ich in Richtung Bild, oder andersherum beeinflusst das Bild die Regie — das geht Hand in Hand.“ Ein Nachteil habe diese Art des Arbeitens schon: „Man hat kein Korrektiv zur Seite.“ Daher binde er die Schauspieler stärker mit ein in den Entstehungsprozess. „Zumindest behaupte ich das.“

Seine Selbstironie ist leise, beim Gespräch sitzt er einem ruhig und aufmerksam gegenüber. Ob in der Produktion „März“, in der er auf großartige Weise einen Grat zwischen Wahn und Wirklichkeit innerhalb einer Psychiatrie beschreitet, oder jetzt wieder in der „Verwandlung“ — ein Grundthema von Müller-Elmau ist, wie sich Menschen in der Welt orientieren, welche Wirklichkeiten sie bereit sind zu erkennen. Dass aus jeder Perspektive betrachtet verschiedene Sichtweisen möglich sind, interessiert Müller-Elmau, der auch selbst schreibt. Zum Beispiel ein Libretto über eine Schizophrene. Ihm geht es dabei durchaus um politische und gesellschaftliche Auswirkungen. Darum, dass es gefährlich werden kann, wenn das Bild für die Wirklichkeit zu eng gefasst wird.

Müller-Elmau nennt Menschen, die den aktuell zu uns kommenden Flüchtlingen feindlich entgegentreten, „im wahrsten Sinne engstirnig“. Für die kommende Premiere verspricht er: „Das ist eine sehr persönliche Inszenierung. Sie ist so, wie ich Kafka lese.“

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