Gold in der Kehle und Schalk im Nacken

Startenor Rolando Villazón und die junge Sopranistin Pumeza Matshikiza glänzten in der ausverkauften Tonhalle.

Gold in der Kehle und Schalk im Nacken
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Düsseldorf. Auf der Beliebtheitsskala beim Publikum rangiert der mexikanische Tenor ziemlich weit oben. Der häufige Gast bei den Salzburger Festspielen, Bühnenpartner von Anna Netrebko und Fernsehmoderator von Klassik-Shows ist ein Sympathieträger par excellence. Und er kann enorm gut singen. Dies stellte er am Samstagabend bei seinem Auftritt in der Tonhalle unter Beweis. Als Duett-Partnerin hat er die in Südafrika geborene Nachwuchs-Sopranistin Pumeza Matshikiza mitgebracht — eine Sängerin mit luxuriöser Naturstimme.

Mit Jubelrufen wurde Villazón vom zahlreich erschienenen Publikum empfangen, noch bevor er den ersten Ton sang. Doch die Vorschusslorbeeren sollten ihn zu Recht bekränzen. Denn der Opernheld, der unlängst mit einer Stimmkrise zu kämpfen hatte, präsentierte sich am vergangenen Samstagabend wieder bestens disponiert.

Gold in der Kehle und Schalk im Nacken
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Schon sein erster Auftritt mit einer Arie aus Jules Massenets Oper „Le Cid“ ließ beim Hören das angenehme Gefühl aufkommen, einem Sänger mit Gold in der Kehle zu lauschen. Villazón verfügt über ein warmes, samtenes Timbre, das mit seinem dunkelblauen Samtsakko mit violetten Revers sozusagen audiovisuell harmoniert.

Der weltbekannte Spezialist fürs mediterrane Opernfach besitzt die romantische Stimme des Charmeurs. Das passt auch wunderbar zu der Schmacht-Arie „Una furtiva lagrima“ aus Gaetano Donizettis „Liebestrank“.

Aus dieser Lustspiel-Oper erklang auch das Duett „Caro elisir“, das als Solo des jungen Bauern Nemorino beginnt. Laut Libretto verbirgt sich hinter dem Wunderelixier eine Flasche Bordeaux. Villazón kam nun mit einer Tüte Spielzeug und schnöder Bierdose aufs Podium, um mit der hinzu kommenden Angebeteten Adina (Pumeza Matshikiza) ein Flirtspiel mit zischendem Bier, bunten Bällen und Jojos zu beginnen.

Ja, der Tenor mit den rabenschwarzen Locken und den dunklen Augen hat stets den Schalk im Nacken. Er wirkt wie geschaffen für die Bühne und Belustigung des Publikums, besitzt geradezu Clowntalente und bringt den Saal immer wieder ein bisschen zum Lachen.

Während sich der Abend zum Ende neigt, steigt die Begeisterung des Publikums. Doch trotz der stimmlichen und komödiantischen Qualitäten des Sängers kommt doch eine Dimension des Vokalen etwas zu kurz: die des Dramatischen. In Liebhaber-Arien wirkt Villazón nur so lange als Idealbesetzung wie er kein Leiden auszudrücken hat.

Denn dann wirkt sein Vortrag mit weit aufgerissenem Mund schnell wie kindliches Gequengel und weniger wie die Seelenqual eines ausgewachsenen Protagonisten. So schön und rund Villazóns Stimme auch ist, ihr fehlt das, was die Engländer „Thrill“ nennen, das durchdringende Markerschütternde. So geht Villazóns Vortrag nicht sehr über glänzende vokale Unterhaltung hinaus.

Ähnlich ist dies bei Pumeza Matshikiza: Ihre Stimme klingt wundervoll. Besitzt ebenfalls Weichheit und Wärme und leuchtet in hohen Lagen hell und farbig auf. Das erinnert beinahe schon an die legendäre Leontyne Price. Doch auch Pumeza Matshikiza fehlt etwas Berührendes, der Zauber der Imagination. Und auf die Dauer wird auch das Schöne etwas eintönig.

Dennoch: Eine Sängerin, deren Namen man sich schon aufgrund des hochkarätigen Stimmmaterials merken sollte. Unterdessen musiziert das tschechische Orchester, die Philharmonie Bohuslav Martinu, geleitet von dem russischen Dirigenten Guerassim Volonkov, ungemein agil und temperamentvoll — ein Abend wie aus Samt und Seide und zum genüsslichen Zurücklehnen.

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