In den Nahwahlkampf mit einem Caffè to go

Thomas Jarzombek (CDU) lädt zur Mittagspause auf dem Carlsplatz.

In den Nahwahlkampf mit einem Caffè to go
Foto: J. Michaelis

An diesem Mittag gönnt sich Thomas Jarzombek mal einen kleinen Selbstläufer: Er kreuzt mit CDU-Freund Giuseppe Saitta und dessen rollender Caffè- und Gelati-Bude auf dem Carlsplatz auf, „Jarzombek to go“, heißt das Motto. Ein Espresso, ein Capuccino vom Oberkasseler Italo-Gourmet, gratis, da tritt man doch gerne mal näher. Selbst, wenn man es nicht so mit der CDU hat.

Jarzombek, 44, trägt Anzug, Krawatte und Vier-Tage-Bart, geht freundlich-locker auf die Leute zu. Und hört geduldig zu. Ein Mann schimpft über die vielen Staus in der Stadt, eine ältere Dame fühlt sich in der Wehrhahn-Linie nicht sicher, eine junge Frau möchte wissen, wie mehr Tempo in die digitale Infrastruktur kommt. Bei dem Thema ist der IT-Fachmann Jarzombek bestens präpariert, führt die Abschaffung der WLAN-Störerhaftung oder Wifi-Ausbauprogramme an. Stärker zu setzt ihm eine Gruppe Altenpfleger, die mit sechs dementen Senioren im Rollstuhl einen Ausflug auf den Markt machen. Ein Betreuer beklagt bitter die Auflösung des katholischen Katharina-Labouré-Heims an der Tußmannstraße und überhaupt den Pflegenotstand. Hier dekliniert der CDU-Abgeordnete nicht nur (Geld-)Leistungen der Merkel-Regierung runter, er erzählt auch von seiner persönlichen Betroffenheit durch seinen Vater, fragt konkret nach, gibt irgendwann sogar zu, da „kein absoluter Fachmann“ zu sein.

Jarzombek, das spürt man, kommt wirklich gerne mit Menschen ins Gespräch, er tut nicht nur so — gerade wenn sie ihn anspruchsvoll herausfordern. Deshalb hat er sich bei der grassierenden Hausbesuche-Manie von Politikern auch gleich mit an die Spitze der Bewegung gesetzt: „Auf die ganzen Plakate könnte man von mir aus verzichten, es kommt auf persönlichen Begegnungen an. 11 000 Haustüren wollen wir schaffen.“ Die Bundes-CDU hat dafür eine App („Connect 17“) entwickelt, die das Ganze zur spielerischen Jagd macht. Wer vorne liegt, darf sich „Kanzlerinmacher“ oder „Wahlkampflegende“ nennen.

Natürlich streift er mit seinem Team durch die Viertel, wo die CDU Potenzial hat. Erlebt indes immer wieder Überraschungen: „In Unterrath hatten wir in einer Straße tolle Resonanz. Und gleich um die Ecke lief es richtig mies.“

Fällt es ihm als haushohem Favoriten nicht manchmal schwer, sich zu motivieren? Es würde doch sicher auch ohne den letzten Hausbesuch reichen. Der Vater eines kleinen Sohnes (2) reagiert da professionell, relativiert, erinnert an die Landtagswahl im Mai, wo es auch plötzlich einen Erdrutsch gab. „Außerdem kämpfe ich nicht nur für meinen Wahlkreis, sondern für die ganze CDU.“

Apropos Wahlkreis: Wenn er darauf hinweist, dass seiner nicht nur aus dem schwarzen Norden mit Kaiserswerth und Wittlaer oder großbürgerlichen Stadtteilen wie Ober- und Niederkassel besteht, sondern auch aus Flingern-Süd oder Rath; oder darauf, dass hier die FDP ihren wohl stärksten Wahlkreis in der Republik hat — dann tut er das nicht, weil er noch an seinem Sieg zweifeln würde. Sondern damit nicht der Eindruck entsteht, sein Erfolg sei selbstverständlich. In der Tat: 2009 und 2013 siegte Jarzombek glatt; 1998 und 2002 aber lag die SPD vorne.

Mögliche Koalitionen in Berlin nach der Wahl seziert er nüchtern. „Jamaika“? „Sehr kompliziert“, weil mit vier Parteien, die CSU extra gezählt. Große Koalition? „Ach nein, nicht schon wieder.“ Über die AfD möchte er lieber gar nicht sprechen, er fürchtet, dass sie am Sonntag noch mehr Stimmen bekommt als in den Umfragen.

Ja, der gebürtige Grafenberger ist ein Polit-Profi. Aber er ist nicht der typische Berufspolitiker. Jarzombek hat sich von der Pike auf hochgearbeitet: Von der Bezirksvertretung 7 über Stadtrat und Landtag in den Bundestag — und 2014 an die Spitze der Düsseldorfer CDU. Allein dieses Amt sorgt dafür, dass er nicht die Bodenhaftung ans Lokale verliert, obschon ihm interne Kritiker vorwerfen, zu viel in Berlin zu sein. Nein, unumstritten ist er nicht in der Partei, obwohl schon einige allzu vorlaute Gegner hart gegen die Wand liefen.

Ein dritter klarer Wahlsieg hintereinander wird ihm wohl endgültig den Rücken frei machen — dann kann und muss er auch programmatisch neue Akzente setzen.

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