Das Wahl-Desaster bringt die SPD auch finanziell in Not

Durch die Mandatsverluste gerät die Partei in Bedrängnis. Doch Parteichefin Karin Kortmann will weitermachen.

Düsseldorf. Die SPD verliert in Düsseldorf ihren Status als Volkspartei. Die Niederlagenserie der vergangenen Jahre gipfelte jetzt im Absturz auf das schlechteste Abschneiden aller Zeiten bei Bundestagswahlen: 24,2 Prozent! Dazu flogen Karin Kortmann und Michael Müller aus dem Bundestag, auch die Reserveliste konnte sie nicht retten.

Noch deutlicher wird der Befund bei der Stadtteil-Analyse: In 19 von 48 Stadtteilen rangiert die SPD bei den Zweitstimmen hinter der FDP auf Rang drei - in der Altstadt, Angermund, Carlstadt, Düsseltal, Golzheim, Grafenberg, Hamm, Himmelgeist, Hubbelrath, Itter, Kaiserswerth, Kalkum, Lohausen, Ludenberg, Niederkassel, Oberkassel, Stockum, Volmerswerth und Wittlaer.

Dieses Debakel versuchte Montagabend der Unterbezirksausschuss der SPD aufzuarbeiten. Personelle Konsequenzen im Vorstand gibt es aber vorerst nicht. Nicht wenige Genossen hatten damit gerechnet, die erst im Frühjahr bis 2011 wiedergewählte Karin Kortmann würde nach ihrer Niederlage im Süden die Brocken hinschmeißen. "Doch das kommt jetzt nicht in Frage, ich kann selbst nach einer für mich so bitteren Wahl nicht einfach weglaufen", sagte Kortmann am Montag.

Auch ihre Stellvertreter Gerd Blatz und Andreas Rimkus wollen das sinkende Schiff nicht verlassen. Dass sich Kortmanns Gegner bislang kaum aus der Deckung wagen, liegt vor allem daran, dass ein Nachfolger mit politischem Gewicht nicht in Sicht wäre. Außerdem reißt sich niemand darum, die schrumpfende und nach wie vor zerstrittene Partei in dieser Krisenlage zu führen.

Kortmann fordert anstelle von Personaldiskussionen einen inhaltlichen Paradigmenwechsel: "Wir dürfen keine Soft-Ausgabe der CDU bleiben. Wir müssen viel konsequenter fragen: Was erwartet unser Wählerklientel von der SPD." Ganz ähnlich klingt Michael Müller: "Personen sind wichtig, viel wichtiger für uns sind aber neue strategische Konzepte und programmatische Visionen."

In Düsseldorf stehen die Genossen auch finanziell vor einem Scherbenhaufen. Nach dem Verlust der Bundestagsmandate verfügen sie über nur noch zwei Parlamentarier: Claudia Scheler im Landtag (tritt 2010 nicht mehr an) und Petra Kammerevert in Europa. Die SPD verliert den direkten Draht nach Berlin, beide Wahlkreisbüros und viel Geld - nämlich die Mandatsträger-Abgaben der beiden Staatssekretäre an die Parteikasse.

Die durch drei Wahlkämpfe in 2009 eh arg angespannte Finanzlage wird sich weiter verschärfen, zumal auch die Ratsfraktion kleiner wurde. Dazu kommt ein dramatischer Mitgliederschwund: In den 90er-Jahren hatte die Partei mehr als 6000 Mitglieder, inzwischen sollen es weniger als 3000 sein.

"Als ich mein Büro an der Kavalleriestraße ausgeräumt habe und elf Jahre Politik in den Schredder wanderten, gab es Tränen. Meine Mitarbeiter verlieren ihren Job", sagte die noch immer geschockte Kortmann. Wie es beruflich für sie weitergeht, will sie genau wie Michael Müller in Ruhe überlegen.

Unterdessen droht am Mittwoch eine neue Runde im internen Zwist der Ratsfraktion: Dann will Helga Leibauer eine Kampfkandidatur gegen Gudrun Hock als Bürgermeister-Kandidatin wagen.

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