Auf den Spuren der Pilze

Jürgen Schnieber erklärt bei einer Wanderung über den Gerresheimer Waldfriedhof die Welt der Pilze. Er verrät, welche verzehrt werden können — und welche Bauchschmerzen verursachen.

Düsseldorf. Vorsichtig hebt Jürgen Schnieber ein sternförmiges Gebilde vom Boden auf. Er hat es unter einer Birke auf dem Gerresheimer Waldfriedhof gefunden. Ganz leicht drückt er auf die Knospe im Inneren des „Sterns“ und schwarzes Pulver schießt heraus. „Huch! Was ist das“, rätselt eine Frau und entdeckt sogleich einen zweiten Stern unter nassem Herbstlaub.

Dass es sich bei den Fundstücken tatsächlich um eine Pilzart handelt, hätte kaum einer der zehn Teilnehmer bei der gestrigen pilzkundlichen Führung über den Waldfriedhof gedacht. „Er gehört zur Familie der Bauchpilze“, erklärt Pilzsachverständiger Schnieber. Seine Schüler sind erstaunt über dieses kleine Wunder. Doch eine Frage erregt größtes Interesse: „Kann man die essen“, schießt es aus einer Frau heraus.

Welche Pilze gegessen werden können oder lieber unberührt bleiben sollten, erklärt Schnieber mit jahrelangem Fachwissen auf dem Gebiet. In kariertem Hemd, brauner Weste und Försterhut gekleidet, erklärt er alles — von Pilzbeschaffenheit über Wachstum bis Essbarkeit.

Eine Faustregel für Hobbysammler im Wald gäbe es dabei nicht. „Man sollte sich vorher informieren, welche Pilze essbar sind oder bei dieser Führung gut aufpassen“, sagt Schnieber. Alles über essbare Pilze will auch die Gerresheimerin Barbara Mutchner wissen.

„Ich habe mal einen ganz tollen Burger in Kanada gegessen und da war ein riesiger Pilz drauf, seitdem begeistern mich Pilze.“ Mutchner hofft, bei der Führung einen seltenen Hallimasch zu finden. „Bekannte von mir haben schon einen gefunden und ich will es auch“, sagt sie.

Rund 150 Pilzarten gibt es auf dem Gerresheimer Waldfriedhof. Allein 50 bis 60 können bei einer einzigen Führung entdeckt werden. Die seltenste Art ist der Saftling, der gerne auch „die Orchidee der Pilze genannt wird“, erklärt Teilnehmer Günther Großmann, selbst passionierter Pilzsachverständiger. „Das Problem ist, dass viele Pilze plötzlich ganz woanders auftauchen und schwer wiederzufinden sind, es ist wie eine Schatzsuche“, sagt er.

Auch die warmen Temperaturen im September haben die Vorkommnisse verändert. „Damit Pilze wachsen können, muss es feucht sein, deswegen kommen nun erst langsam die ersten Pilze, denn zum Glück war es ja sehr feucht in der letzten Woche“, sagt Schnieber und bleibt vor einer Birke stehen. „Da haben wir gleich mehrere auf einmal“, sagt er erstaunt. Ein Grauer Faltentintling, ein Birken-Poling, ein grünbettiger Zunder-Schwamm. „Ein kleiner Schatz“, sagt er.

Doch verzehren sollte man diese Pilze nicht, der grünbettige Zunder-Schwamm wirkt sich giftig auf den Magen-Darm-Trakt aus. Auch der eher ungiftige graue Faltenpilz sollte lieber nur fotografiert werden. „Der verlangsamt den Alkohol-Abbau im Körper, auch wenn das letzte Bier drei Tage zurückliegt“, erklärt Schnieber. Wo die größten Steinpilz-Gebiete in der Umgebung zu finden sind, kann und will er nicht beantworten. „Selbst wenn ich es wüsste, würde ich es nicht verraten.“

Bei den Pfifferlingen und Champignons im Supermarkt handele es sich hingegen um Zucht-Pilze, meistens aus Osteuropa. „Die wachsen nicht nah an Bäumen, wie üblich, sondern auf Kompost“, doziert Schnieber. Leidenschaftliche Pilze-Sammler müssten aber kein schlechtes Gewissen haben. „Bis wir von einer Ausrottung sprechen können, müssten es schon Mengen wie im Supermarkt sein.“

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