Nach der LoveParade: Was Duisburg braucht und was nicht

Ein Kommentar von Wolfgang Radau.

Die Stadt Duisburg und die Menschen in Duisburg haben es schwer. In den vergangenen Jahrzehnten ist aus ihrer blühenden Industriestadt eine Problemstadt geworden - mit hoher Arbeitslosigkeit, mit Kaufkraftverlust, mit Bevölkerungsrückgang. Seit dem 24. Juli sehen sich die Duisburger nun ganz unten: Die Loveparade, als Leuchtturm gedacht mit der Botschaft: "Seht her, wir in Duisburg...!" ist zum größten Unglück der Stadt nach dem Krieg geraten. Duisburg steht als Synonym für Größenwahn, Klüngel, Unfähigkeit. Und niemand übernimmt die Verantwortung.

Seit dem Wochenende ist amtlich, dass vor und nach der Loveparade hemmungslos gelogen worden ist, was die Besucherzahlen angeht. Das ist keine Duisburger Spezialität, sondern auch anderswo üblich - beim Karneval, bei Volksfesten, beim öffentlichen Fußball-Gucken, wenn am Ende alles gut gegangen ist. In Duisburg stand am Ende die Katastrophe. Spätestens nach dem Eingeständnis des Oberbürgermeisters ist klar, dass selbst bei der geringsten je angenommenen Besucherzahl nicht genügend Ausgänge vom Parade-Areal vorhanden waren. Auch dafür übernimmt niemand Verantwortung.

Was Duisburg in den nächsten Wochen und Monaten braucht, sind gute Ermittler bei Polizei und Justiz. Die traumatisierten Menschen brauchen Psychologen und Seelsorger, die sie in ihrer Trauer leiten und ihren Zorn ableiten. Die Großstadt braucht gute Stadtverwalter, die ihr Schiff in solch’ schwerer See führen. Und: Duisburg braucht Menschen, die Versagen eingestehen.

Was die Duisburger nicht brauchen, sind Menschen, die auf der Glut ihrer Trauer ihr eigenes, infames Süppchen kochen und mit Drohungen neuen Schrecken verbreiten. Was den Duisburgern nicht hilft, sind Verantwortliche, die auch nach drei Wochen mit dem Finger auf andere zeigen.

Was die arme und gebeutelte Stadt Duisburg auf keinen Fall braucht, sind Medienberater, die für vierstellige Tagessätze Strategien für öffentliche Kommunikation entwickeln. Die einzige Strategie, die bei den Menschen in und um Duisburg ankommt, ist die Antwort auf die Fragen: Wie konnte das geschehen? Wer trägt die Verantwortung? Und: Wie ist sicherzustellen, dass so etwas nie wieder geschieht? Gefragt ist - mit einem Wort: die Wahrheit.

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