Privatsammlung in Düsseldorf Weltpremiere: Videokünstler Ed Atkins bei Stoschek

In gläserner Klarheit erscheint die Schau zum 10-Jährigen der Privatsammlung an der Schanzenstraße.

Privatsammlung in Düsseldorf: Weltpremiere: Videokünstler Ed Atkins bei Stoschek
Foto: Julia Stoschek Foundation e.V.

Düsseldorf. Wie begeht man ein Jubiläum, wenn man Julia Stoschek heißt? Ein Rückblick ist nichts für sie. Ein Ausblick, der zugleich ein Alleinstellungsmerkmal ist, schon eher. „Wir sind vor zehn Jahren angetreten, um ein Haus für die Kunst und die Künstler zu machen“, sagt sie. Und hält das Versprechen, indem sie erstmals einen Künstler kuratieren lässt. Sie wählte Ed Atkins, für sie „der wichtigste Künstler für den Bereich des bewegten Bildes“. Für Stoschek ist er „der Radikalste, der Pionier unter der jungen Künstlergeneration.“ Ihn sollte sich die Kunstakademie als Professor holen, schlägt sie vor.

Zweifellos ist er der Intelligenteste. Er wählte aus den 600 Video-Arbeiten (von 750 Sammlungsstücken) 48 aus. Zwei Tricks wendete er dabei an. Der erste bestand darin, die Werke aus ihrem historischen Kontext zu nehmen, in gleichem Format zu zeigen und paarweise anzuordnen. Alle Arbeiten wurden synchronisiert, so dass der Titel „Generation Loss“ nicht zutrifft. Denn der bedeutet den Datenverlust von sukzessiv kopierten Datenträgern aufs Bildmaterial. Theoretisch könnten sich auch Datenträger selbst eliminieren. Julia Stoschek sorgte dafür, dass selbst frühe Werke von Bruce Nauman oder Lutz Mommartz vom 16-Millimeter-Film auf Video transferiert wurden.

Der Clou aber besteht im Akustikglas, der die dunkle Kammer ersetzt. Betritt man die Räume, sieht man stets zwei Arbeiten parallel nebeneinander oder hintereinander. Die Inszenierung wirkt dadurch klar strukturiert. Von einem Videokabinett lässt sich ins nächste und übernächste schauen, wie in die Schichten eines Tiefenraums.

Ed Atkins zeigt „Sky news live“, jenen Sender, der rund um die Uhr politische und gesellschaftliche Themen sendet. Atkins bringt ihn jedoch ohne Sound. Er mixt diese Arbeit mit der des Kognitionswissenschaftlers Ian Cheng, der sich damit beschäftigt, wie das Gehirn funktioniert. Seine comic-artigen Arbeiten entstanden mithilfe von Algorithmen aus dem Computer. Alles wird ständig neu berechnet, aber nichts hat Bestand. Die komischen Szenen tauchen auf und sind auch schon verschwunden.

Faszinierend sind die Bildbeziehungen zwischen „Sanctus“ von Barbara Hammer und „Boddybuilding“ von Hannah Black. „Sanctus“ ist aus Röntgenbildern der 50er Jahre entstanden, die den Körper verstrahlten, weil man die krebserregende Wirkung noch nicht kannte. So spielt ein kontaminiertes Gerippe plötzlich Posaune. Die Blase im Röntgenbild wirkt wie ein Luftballon, der Augapfel wie ein kleines Kino. Ihre Partnerin Hanna Black zeigt das Muskeltraining als Optimierung des Körpers.

Inspirierend wirkt der Bild-Dialog zwischen Charles Atlas und Wolfgang Tillmans. Atlas stellt einen Tag im Lebens des bekannten Michael Clark dar, der für eine sehr progressive Art des Tanzes und der Musik steht. Dagegen wirken die Sequenzen „Herzschlag“ und „Armbeuge“ von Tillmans wie das Anhalten von Zeit. Der Arm beugt sich so langsam, dass man meint, ein Foto zu sehen. Das Atmen erscheint als leichtes Zittern der Löckchen in den Achselhöhlen.

Die Arbeiten lassen sich auch einzeln betrachten. Von der Schwedin „Nathalie Djurberg (Musiker Hans Berg) stammt „Wir sind nicht zwei, sondern eins“. Die Geschichte bezieht sich auf Peter und der Wolf. Bei Djurberg sind Mensch und Tier miteinander verbunden. Der Junge ist am Rücken des Wolfes angewachsen und fühlt sich eingeschränkt in allem, was er tut. Djurberg verpackt die schöne Märchenszenerie mit schockierenden Momenten.

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